EU wird ihrer Verantwortung nicht gerecht
Brüssel will Regeln für Energiewende drastisch lockern
Die Europäische Union ist auf dem besten Wege, sich zurückzuentwickeln. Erst der unüberbrückbare Streit, der eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verhindert, nun der Schritt der Kommission, bei der Energie- und Klimapolitik ab 2020 die Zügel freiwillig wieder aus der Hand zu geben.
Brüssel demonstriert so: Die EU ist nach diesem Verständnis allein ein Wirtschaftsverband zum Vorteil ihrer Mitgliedstaaten, aber längst nicht die Wertegemeinschaft, die sich auch zu gesellschaftlicher und globaler Verantwortung bekennt. Von einer Vorbildfunktion in der internationalen Klimapolitik ganz zu schweigen.
Brüssel muss klar sein, dass ein System auf Freiwilligkeit nach 2020 nicht funktionieren wird. Den Firmen ist der Profit das Nächste, den Regierungen der Mitgliedstaaten Arbeitsplätze und stabile Energiepreise — vor allem, wenn Wahlen anstehen. Langfristige Klimapolitik wird so im Zweifel immer hintangestellt werden. Mit katastrophalem Ergebnis.
Die jüngsten Klimakonferenzen haben gezeigt, wie schwer es ist, einen Kontinente übergreifenden Konsens zu finden. Vor allem Europa ist als Erdteil mit der stärksten Industrialisierung und dem größten Wohlstand in der Pflicht, ein Vorbild für den Klimaschutz und den Ausbau regenerativer Energien zu sein.
Wer sich selbst keine klaren Regeln gibt, hat auch keine Glaubwürdigkeit. Die Bewertung „Ein Tiefschlag gegen jede ernsthafte Bemühung um ein globales Klimaabkommen“ durch die Umweltorganisation Germanwatch trifft es genau.
Die EU-Kommission, die durch den Kartellkommissar gern als Anwalt der Bürger und ihrer Finanzen auftritt, erweist den Bürgern zugleich einen Bärendienst. Auch wenn der Aufbau regenerativer Energien viel Geld kostet und es der Politik schwerfällt, das richtige Maß für Nutzen und Belastung zu finden, ist er langfristig die einzige Möglichkeit, um sich von den fossilen Energieträgern unabhängig zu machen.
Diese sind endlich, und damit ist auch für Laien absehbar, dass die Preise stetig steigen werden. Am Ende profitieren die Konzerne und nicht die Bürger. Die EU geht mit ihrem Plan, die Energiewende abzubremsen, somit in der Summe ein zu großes Risiko ein.