Meinung Fifa auf dem Prüfstand
Die Frage steht noch immer im Raum: War das WM-Sommermärchen 2006 nur deshalb möglich, weil deutsche Fußball-Funktionäre Schmiergelder zahlten? Vor knapp drei Wochen legte die Kanzlei Freshfields im Auftrag des DFB einen 360 Seiten starken Bericht vor, in dem allerhand seltsame Geldflüsse, Verträge und Vergünstigungen aufgelistet wurden.
Die Fleißarbeit war dennoch kein Befreiungsschlag. Offen bleibt vor allem: Zu welchem Zweck wurden 6,7 Millionen Euro zwischen dem WM-Organisationskomitee, dem Weltverband Fifa und dem ehemaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus hin und her geschoben? Auf Seite 298 liest man im Freshfields-Bericht, dass „die wahre Zahlungsintention bewusst verschleiert wurde“.
Es ist nicht wirklich überraschend, dass nun auch die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands Fifa in Sachen Weltmeisterschaft 2006 ermittelt. Allerdings wäre es überraschend, wenn sie Licht ins Dunkel bringen könnte. In den Befragungen der Freshfields-Anwälte widersprachen sich die Beteiligten in wichtigen Punkten, konnten sich nicht erinnern oder verweigerten Antworten gleich ganz. Dass sich die Erinnerungslücken bei Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und anderen plötzlich wieder schließen werden, ist eher nicht zu erwarten.
Der vom Denkmal gestürzte Fußball-Kaiser und sein Hofstaat erwecken nicht den Eindruck, als wären sie an schonungsloser Aufklärung interessant. Was insofern nicht verwunderlich ist, weil dies juristische Konsequenzen haben könnte, oder schmerzhafte Schadenersatz-Ansprüche.
Immerhin besteht die Chance, dass der Ethikrat bei der Fifa selbst weiter fündig wird. Die Entscheidung, Ermittlungen aufzunehmen, ist trotz aller Zweifel und Bedenken ein gutes Signal. Die vielfach belegte Korruption bei der Vergabe von WM-Turnieren muss ein Ende haben, dazu bedarf es der Aufarbeitung vergangener Fehler. Auf dem Prüfstand steht der angebliche Reformwille der neuen Fifa.