Meinung Flüchtlinge bringen Europa an den Scheideweg

In Brüssel geht es jetzt tatsächlich um Merkels Lösung, nicht um Obergrenzen. Den Flüchtlingsstrom dort stoppen, wo seine erste Station ist, also in der Türkei. Und den Menschen dort Hilfsangebote machen.

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Das wollte die Kanzlerin immer. Sie wollte so das offene Europa retten und ist nun nah dran.

Es gibt zwei Lager, die das noch verhindern können. Zum einen die europäischen Nationalisten, von Bayern über Polen, die Slowakei und Ungarn bis runter nach Mazedonien. Diese Politiker haben sich mit Gnadenlosigkeit, teilweise auch mit Fremdenhass profiliert. Die Zäune sind das Symbol ihrer scheinbaren Stärke und Entschlossenheit. Dass diese Zäune ohnehin bald umgangen worden wären, dass diese Routen neue Tote gefordert hätten, dass die Zäune langfristig nichts lösen, aber Europa kaputt machen, alles geschenkt. Diese Politiker brauchen die Zäune zu ihrem eigenen Schutz.

Merkels einziger Partner, der türkische Präsident Erdogan, ist aus keinem anderen Holz geschnitzt. Ein bisschen wollte die Kanzlerin ihm dafür entgegenkommen, dass er die Migranten bei sich behält, doch der türkische Präsident will das Ganze. Mehr Geld, Visaerleichterungen, am Ende die EU-Mitgliedschaft. Er bietet aber auch das Ganze: Die Aufnahme aller Flüchtlinge. Erdogan ist ein unangenehmer Partner. Ein Autokrat, Nationalist und Kriegstreiber. Aber er kann die Flüchtlinge jederzeit alle durchlassen nach Norden, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden. Und wird das tun. Spätestens bei Erdogans Forderung, dass ihm genauso viele syrische Flüchtlinge wieder abgenommen werden, wie er aus Griechenland zurücknimmt, begegnet die Kanzlerin den europäischen Nationalisten wieder. Deren Bereitschaft, Flüchtlinge in Kontingenten direkt aus der Türkei aufzunehmen, geht bisher gegen Null. Die sich schleimig rausredenden Franzosen und Briten sind keine Hilfe. Aber schon vorher, bei den Visaerleichterungen, machen viele Europäer nicht mit. Auch Türken wollen sie in ihrer Phobie gegen alles Fremde nicht bei sich haben, nicht mal als Touristen.

So gerät Europa an den Punkt einer großen Entscheidung. Wohin will sich der Kontinent wenden? In Richtung Offenheit nun auch gegenüber der Türkei? In eine Zukunft, die so viele Risiken enthält? Oder zurück in den vermeintlich sicheren Nationalstaat mit Schlagbäumen? Die Flüchtlinge erzwingen eine Antwort. So oder so.