Meinung Abschneiden der AfD in Hessen kein Betriebsunfall
Die NPD in Hessen ist in ziemlich desaströser Verfassung. In gerade acht Kreisen, Städten und Örtchen ist die Truppe bei der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag angetreten — selbst das drohende Verbot, das derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wird, hatte nicht dazu geführt, dass sich genug braune Kameraden als Kandidaten für ihre Partei aufstellen ließen.
Bloß in der 21 000-Einwohner-Stadt Büdingen im Mittelhessischen landete die rechtsextreme NPD bei 14 Prozent — zwölf Prozentpunkte mehr als beim letzten Durchgang. In Büdingen, der Familienstadt, wie sich die Kommune selbst nennt, steht eine der größten Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete in Hessen. In Büdingen ist die AfD bei der Wahl von Sonntag nicht angetreten. Im Schnitt holte sie aber 13,2 Prozent und wird so wohl zur drittstärksten Kraft in Hessen.
Selbst wenn das NPD-Ergebnis als Ausreißer durchgehen könnte, das Abschneiden der AfD ist weder das, noch ist es ein Betriebsunfall im Zeichen der sogenannten Flüchtlingskrise. Im Gegenteil. Es ist ein eindeutiger Beleg für einen grundlegenden Rechtsruck in Deutschland. Eine alarmierende Entwicklung, die man in der hessischen Provinz allerdings ebenso wenig wahrhaben will wie in Berlin.
Die Ergebnisse von Sonntag nur auf den Zoff innerhalb der großen Koalition, deren offensichtlichen Herumeiern in der Asyl- und Flüchtlingspolitik oder den politischen Totalschaden zurückzuführen, die die seltsamen Alleingänge des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer anrichten, hieße, die Entwicklung der vergangenen Monate zu ignorieren. Ein Alarmsignal, wie es am Montag vielstimmig in Berlin hieß, ist das Abschneiden der AfD in Hessen nämlich nicht.
Das waren die Umfrageergebnisse, die ihr seit Wochen und Monaten gute Zahlen prognostizierten, hingegen schon. Entweder haben die etablierten Parteien darauf mit einer Art Schockstarre reagiert — also gar nicht. Oder mit dem Versuch, die bessere AfD abzugeben. Ungeniert wird derzeit mit rechtspopulistischen Parolen Wahlkampf betrieben. Mit der Forderung nach mehr Abschiebungen und einer Begrenzung des Zuzugs von Geflüchteten wollen derzeit fast alle Stimmen gewinnen.
Mit dem Ergebnis, dass die selbst ernannte Alternative endgültig auf der poltischen Bühne angekommen ist — und das nicht trotz ihrer Nähe zu Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und rassistischem Unfug, sondern wegen dieser Nähe. Keine guten Aussichten für Sonntag also, wenn in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt neue Landtage gewählt werden.