Im Winter ist’s kalt

Eine (ironische) Annäherung an deutsche Wetterverhältnisse

Demokratie heißt vor allem Meinungsvielfalt. Wir halten das aus, weil wir a) davon leben und b) wissen: Das hat es hier auch schon schlimmer gegeben. Also her mit den Meinungen.

Leiden Sie unter der Kälte? Das haben wir unsere Leser gefragt — und wählbare Antworten vorgegeben. Antwort D hat sich dabei inzwischen als echter Renner entpuppt und lässt uns hoffen, dass die Kälte uns den Stolz nicht nimmt. Sie lautet: „Nein, ich leide nicht — es ist doch Winter.“ Mit dieser fantastischen Antwort D ist ja im Grunde alles gesagt. Winter ist das Gegenteil von Sommer. Und warm ist das Gegenteil von, na?, richtig: kalt.

Das mit der Kälte war zu erwarten, könnte man sagen. Ganze Industrien leben ja schließlich davon, dass es nicht immer nur warm, sondern auch mal kalt ist. Wer also stets und dauerhaft über die kalten Temperaturen schimpft, sollte sich mal Gedanken darüber machen, dass er unzähligen arbeitswilligen Mitbürgern moralisch gnadenlos in den Rücken fällt.

Wer im Februar tropische Temperaturen will, der verlustiere sich etwa in einer Sauna. Da ist’s erst einmal kuschelig warm. Und dann hilft das Schwitzen auch noch gegen drohende Erkältungen im eiskalten Winter. Wenn das mal nicht zwei Fliegen mit einer Klappe. . .

Vielleicht aber bietet Ihnen auch das Internet Hilfe. Das Internet hilft ja irgendwie immer, man muss nur mal ordentlich suchen. Und schon findet man: www.wetterbeschwerdestelle.de. Dort darf man im Gästebuch schimpfen und klagen, den Wettergott abwählen oder ihn wahlweise zum Teufel wünschen. Und auch solche Perlen von sich geben wie diese hier: „Dieses Wetter passt nicht zu meinen Schuhen.“ Wo wir wieder bei der Demokratie wären: Stichwort „Verantwortung wagen“ — und einfach mal andere Fußbekleidung wählen.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es gibt Menschen, die leiden tatsächlich unter der Kälte, Obdachlose oder jene, die kein Geld für eine Heizung haben. Aber die hört man selten klagen.

Eine japanische Weisheit lautet: Wenn man lange genug wartet, wird das schönste Wetter. Also einfach mal abwarten, Tee trinken, Zeitung lesen — oder wahlweise mit einer ausgelesenen den Kamin befeuern.

Es wird schon.