Meinung IOC hat Chance verpasst

Der von der Welt-Doping-Agentur Wada vorgelegte Bericht in Sachen systematisches, staatlich gefördertes und geschütztes Doping in Russland lässt keine Fragen offen. Alleine zwischen 2013 und 2015 hat das Land laut Wada 643 positive Proben verschwinden lassen.

Andreas Reiter.

Foto: Sergej Lepke

Athleten von rund 30 Sportarten waren betroffen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hätte eigentlich gar nicht anders entscheiden können, als Russland von den Sommerspielen in Rio de Janeiro auszuschließen. Hat es am Samstag aber.

IOC-Präsident Thomas Bach, der Russlands Präsidenten Wladimir Putin sehr nahe steht, ist seiner bisher zögerlichen Haltung treu geblieben und hat die von ihm geforderte harte Entscheidung zusammen mit seinen Mitstreitern ins Wasser fallenlassen. Damit hat das IOC die Chance verpasst, den Leistungssport in eine sauberere Zukunft zu führen. Wie bitte sollen denn russische Athleten ihren Weltverbänden beweisen, dass sie nicht am staatlich organisierten Doping-System teilgenommen haben? Zynisch könnte man sagen, am besten mit der Hilfe ihrer nationalen Verbände.

Bach selbst und sein Amt haben spätestens jetzt einen so großen Schaden genommen, dass er als Retter der olympischen Idee nicht mehr in Frage kommt. Eigentlich ist nun sein Rücktritt fällig. Aber auch davon ist nicht die Rede. Bach scheint an seinem Amt zu kleben, will seine Macht behalten.

Es gibt keine Gewinner in diesem unglaublichen Doping-Skandal. Der Sport hat gelitten wie noch nie, der olympische Gedanke ist kaum noch glaubwürdig zu vertreten. Oder meint irgendjemand, dass Doping — und damit Betrug — ein ausschließlich russland-internes Phänomen ist? Sicher nicht. In allen Winkeln der Erde brauen Chemiker Substanzen zusammen, die leistungssteigernd wirken sollen — und eben (noch) nicht auf der Dopingliste stehen. Manchmal dauert es auch länger, die verbotenen Stoffe nachzuweisen. Siehe nun festgestellte positive Proben von den Olympischen Spielen 2012 in London.