Meinung Kampf gegen Kinderpornos: Aus dem Keller zur „Chefsache“
Meinung · Der NRW-Innenminister will die Arbeit der Spezialisten aufwerten – auch indem die Auswerteräume vom Keller in die Vorzeigeetagen ziehen.
Man möchte Innenminister Herbert Reul (CDU) beipflichten, als er am Dienstag erklärt, mehr als 1600 Kinderpornogrofie-Fälle würden in NRW gar nicht aktiv bearbeitet, weil die 104 Spezialistenstellen innerhalb der 42 000-Mann-Polizei nicht die Zeit hätten – und hinterherschiebt: „Da fällt mir nicht mehr viel ein.“
Nein, da fällt einem nicht mehr viel ein. Zumal wenn man bedenkt, dass die Vollstreckung eines der 557 Durchsuchungsbefehle womöglich einen Fall wie den von Lügde aufdecken und Kinder aus andauerndem Leid befreien könnte. Es ist gefährlich, eine Sicherheitsaufgabe der Polizei gegen eine andere aufzuwiegen. Und doch bleibt ein fader Geschmack zurück beim Gedanken an die Polizeikräfte, die für Blitzermarathons oder Einbrecher-Razzien auf Autobahnen aufgeboten wurden. Oder für die Räumung des Hambacher Forstes, der postwendend wieder besetzt wurde.
Wenn jetzt anders gewichtet wird, der Schutz schutzloser Kinder priorisiert wird, so ist das richtig. Das Innenministerium will aber nicht nur mehr Personal in den Kampf gegen Kinderpornografie stecken, sondern auch die Arbeit des Personals aufwerten. Raus aus der Schmuddelecke. Die Auswerteräume raus aus den Kellern der Polizeibehörden und hoch in die Vorzeigeetagen, fordert Reul. Es klingt nach Symbolpolitik. Aber es ist wohl notwendig, um die fitten Köpfe in der Kripo für den Job zu begeistern. Und ohne Begeisterung wird es nicht gehen. Ohne den unbedingten kriminalistischen Willen von Menschen, Täter zu fassen und Opfer zu retten, seien die Anhaltspunkte noch so klein. Den kann keine Technik der Welt simulieren oder ersetzen. Insofern ist das Signal der Landesregierung gut: Der Kampf gegen Kinderpornos ist nicht länger Stiefkind der Kriminalistik, sondern wie von Reul angekündigt „Chefsache“.