Kate ist eine Chance für das Königshaus
Was die royale Hochzeit für die britische Monarchie bedeutet
Auch Erwachsene brauchen Märchen, sagen Psychologen, wenn sie die weltweite Faszination für die Hochzeit im britischen Königshaus erklären sollen. Die Briten selber sehen die Sache eher entspannt. Das Königshaus gilt im modernen Großbritannien nicht mehr als abgehobene Elite-Clique, sondern als Monarchie der Mittelschicht — nett, normal, aber längst nicht mehr ehreinflößend grandios.
Wer verstehen will, wie durchlässig die Klassenschranken im Königreich seit den 80ern geworden sind, muss nur auf Kate Middleton schauen. Gute Kontakte, die richtige Schule und eine Reihe aristokratischer Hobbys reichen, um als Bürgerliche in den Zirkel der einst unnahbaren Royals aufgenommen zu werden. Als Charles heiratete, war Dianas Bildung bestenfalls durchschnittlich. Kate hingegen wird als Königin Catherine die erste Regentin in der Geschichte Großbritanniens sein, die einen Universitätsabschluss mit in die Ehe bringt.
Für das Königshaus dürfte die bürgerliche Braut das beste Update seit Jahrzehnten sein. Dank der medialen Seifenoper sind Kate und William, die Queen als ewige „Matriarchin“ und die übrigen, bisweilen tollpatschigen Royals gewissermaßen zu einem Spiegelbild der Durchschnittsfamilie geworden.
Mit Kate Middleton heiratet „eine aus dem Volk“, also mal wieder ein normaler Mensch, in ein rigides, künstliches System voller schrulliger Regeln und altertümlicher Traditionen ein. Natürlich macht sich im Palast die bange Hoffnung breit, das Traumpaar möge die Tragödien der Elterngeneration vergessen lassen. Doch ein Happy End ist nicht selbstverständlich; kaum eine von Kates Vorgängerinnen hat sich in „der Firma“ zurechtgefunden. Wenn das nationale Diana-Trauma etwas Positives gebracht hat, dann die Tatsache, dass die Briten jetzt penibel darüber wachen, wie selbstbestimmt die Royals ihre neue Generation leben lassen.
Gerade weil das Königshaus modernen Maßstäben gerecht werden muss, wird die Windsor-Monarchie eine weitere unglückliche Prinzessin nicht überleben. Sollte sich diese in Aspik konservierte Institution nicht nach dem Vorbild skandinavischer Häuser wandeln, könnte es mit der lässigen, aber noch immer nötigen Akzeptanz in der Bevölkerung schnell vorbei sein.