Meinung Lehre aus dem Fall Amri

Hinterher ist man immer klüger. Mag diese Weisheit auch vom Kalenderblatt stammen, trifft sie den Kern dessen, was bei der Terrorismusbekämpfung in Nordrhein-Westfalen im Zuge der Causa Amri lange im Argen lag.

Foto: wz

Deshalb ist es müßig, darüber zu spekulieren, ob die zwölf Toten vom Berliner Breitscheidplatz heute noch leben könnten, wenn die Politik der kleinteiligen Zuständigkeitsstruktur der Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf Terrorismus schon früher ein Ende bereitet hätte. Wichtig ist, dass NRW mit seiner Einrichtung der Zentralstelle Terrorismusverfolgung jetzt Konsequenzen zieht — zumal gut ein Drittel der sogenannten Gefährder im bevölkerungsreichsten Bundesland gemeldet ist.

Gerade bei der Terrorismusbekämpfung scheint es sinnvoll, auch Straftaten, die auf den ersten Blick keinen offenkundig terroristischen Bezug haben, ebenfalls zentral zu erfassen, sofern bei dem Verdächtigen eine „terroristische Motivation“ erkennbar ist. Denn auch Amri war vor seiner Todesfahrt auf dem Weihnachtsmarkt mit anderen Straftaten aufgefallen — darunter eine Körperverletzung und diverse Betäubungsmitteldelikte. Die internationalen Terrororganisationen setzen aus Sicht von Experten verstärkt auf Drogenhandel, um sich Geldquellen für den Dschihad zu erschließen. Um so mehr lohnt sich für die Behörden ein ganzheitlicher Blick, aus dem sich neue Ermittlungsansätze ergeben können. Auch ließe sich bei ausländischen Gefährdern dann wohl effizienter auf eine Abschiebung hinwirken.

Die Zentralstelle in NRW ist dazu ein erster Schritt — wenn auch noch nicht ausreichend, um den global agierenden Terrorfürsten und ihren Schergen Einhalt zu gebieten. So gibt es etwa noch keine bundesweite Datenbank, in der zentral Straftaten von Gefährdern länderübergreifend erfasst würden. Mindestens ebenso wichtig wie die Strafverfolgung ist bei der Bekämpfung der terroristischen Gefahr allerdings die Prävention, damit junge Menschen sich gar nicht erst radikalisieren.