Meinung Angst vor Italien
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Gleichgültigkeit die Finanzmärkte monatelang auf die Italien-Wahl im März reagiert haben. Denn gesiegt haben damals jene, die Berlin, Brüssel, den Euro und die ganze EU zum Teufel jagen wollen.
Dass es nun für ein paar Monate eine Übergangsregierung geben wird, ändert daran nichts. Es wird im Gegenteil eher noch schlimmer, weil bei den Neuwahlen im Spätsommer eine überwältigende Mehrheit für die Feinde Europas droht. Italien steht quasi vor einer Volksabstimmung über den Verbleib in der Eurozone. Wie ernst die Lage ist, haben inzwischen auch die Anleger begriffen: die Aktienkurse fallen, die Zinsen für Staatsanleihen steigen.
Es gibt gute Gründe dafür, dass die Populisten in Italien derart Oberwasser haben: Seit Jahren wird das Land bei der Flüchtlingskrise von Europa im Stich gelassen. Solidarität gibt es nur auf dem Papier. Kriminalität und Korruption zerfressen die Nation immer mehr. Im Süden ist die Arbeitslosigkeit extrem hoch, jedem zweiten Jugendlichen fehlt die berufliche Perspektive. Wo die Armut groß ist, triumphiert die Fünf-Sterne-Bewegung mit Luigi Di Maio an der Spitze. Er verspricht Arbeitsplätze, höhere Renten und weniger Steuern. Dass Italien schon heute in Schulden versinkt, interessiert nicht.
Di Maio marschiert mit der rechtsradikalen Lega unter Führung von Matteo Salvini, die ebenfalls überhaupt kein Problem mit Geschenken auf Pump hat. Bei einer satten Mehrheit für Fünf Sterne und Lega bei den Neuwahlen wäre der Alptraum für Europa perfekt. An der Spitze der (nach dem Austritt Großbritanniens) drittgrößten Volkswirtschaft der Gemeinschaft stünde dann eine unberechenbare, auf Krawall gebürstete Regierung , die sich von irrationalen Versprechungen leiten ließe.
Europa blüht eine Finanzkrise, die das Ringen um Griechenlands Staatsschulden im Nachhinein zur Banalität herabstufen würde. Denn Italiens Wirtschaft ist zehnmal so groß wie die Griechenlands. Gruselig.