Meinung Macron besiegt Le Pen — merci bien, la France

Ein guter Tag für Europa und die Welt: Die Franzosen haben sich deutlich für Emmanuel Macron und gegen Marine Le Pen entschieden, für den Sozialliberalen und gegen die Rechtsextreme. Es ist ein Votum gegen Nationalismus und Abschottung, für offene Grenzen und den Euro.

Foto: Lepke

Und es ist der Beweis, dass populistische Versprechungen nicht immer die Mehrheit der Wählerstimmen anziehen — so wie es beim Brexit und der Wahl Donald Trumps gelaufen ist. Le Pen hat den Franzosen die Rente mit 60 in Aussicht gestellt, einen noch strengeren Kündigungsschutz, ein Festhalten an der 35-Stunden-Woche. Ihr Programm ist eine gemeingefährliche Mischung aus Nationalismus und Sozialismus, die Frankreich und andere Euro-Länder in den Abgrund hätte reißen können. Zum Glück ist nur eine Minderheit der 48-Jährigen gefolgt. Merci bien, la France.

Und was kommt jetzt, wenn Macron als Präsident im Élysée das Sagen hat? Frankreich ist hinter Deutschland und Großbritannien die drittgrößte Volkswirtschaft in Europa. Doch anders als die Bundesrepublik steht das Land ökonomisch nicht gut da. Die Arbeitslosigkeit liegt mit zehn Prozent hoch, die Verschuldung ist gewaltig. Zu den Hauptproblemen zählt der starre Arbeitsmarkt. Dort will Macron mit mehr Flexibilisierung ansetzen. Er möchte die Höhe der Abfindungen bei Kündigungen deckeln, Lockerungen bei der 35-Stunden-Woche durchsetzen. Vielen Franzosen gefällt das nicht. Aber ohne eine Mehrheit im Parlament, das im Juni neu gewählt wird, können der 39-jährige Hoffnungsträger und seine Bewegung „En Marche“ das Land nicht reformieren.

In Berlin war die Freude über Macrons Sieg Sonntagabend groß. Bald wird sich allerdings zeigen, dass der einstige Investmentbanker in Sachen Europa andere Schwerpunkte setzt als die deutsche Kanzlerin. Im Gegensatz zu Angela Merkel will Macron mehr Macht für Brüssel, nicht weniger. Der Franzose möchte einen Euro-Finanzminister mit weitreichenden Kompetenzen etablieren. Nicht die Einhaltung der Schulden-Regeln steht für ihn im Vordergrund, sondern das Ankurbeln der Wirtschaft mit öffentlichem Geld. Vor allem dem deutschen Kassenwart Wolfgang Schäuble passt das nicht ins Konzept. Entscheidend ist aber: Im Vergleich zu dem, was Marine Le Pen gewollt hätte, sind die Vorstellungen Macrons ein Segen. Er steht für ein tolerantes und weltoffenes Frankreich.