Meinung Mäßige Bilanz bei der Frauenquote - Barleys Warnschuss
Der Fortschritt ist bekanntlich eine Schnecke. Das gilt auch für den Frauenanteil in den Führungsetagen von Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Trotz einer gesetzlich vorgegebenen Geschlechter-Quote zumindest für die Aufsichtsräte in großen Unternehmen sind die Männer in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft immer noch viel zu häufig unter sich.
Hat das Gesetz also versagt? Nicht unbedingt. Denn was wäre die Alternative? Schon zur Jahrtausendwende hatte die Wirtschaft Besserung gelobt. Also setzte auch die Politik ihre Hoffnung lange Zeit auf freiwillige Lösungen in den Unternehmen, auf dass sie einen spürbar höheren Frauenanteil in Eigenregie durchsetzen. Doch diese Hoffnung erwies sich als Trugschluss, wie inzwischen jeder weiß. Insofern darf man getrost annehmen, dass die Lage wohl noch trauriger wäre, hätte die Bundesregierung weiter auf jeglichen Zwang verzichtet.
Die amtierende Bundesfamilienministerin will die Schraube nun stärker anziehen. Ginge es nach Katarina Barley, wären demnächst feste Vorgaben auch für die Zusammensetzung von Firmen-Vorständen fällig. Bislang herrscht hier noch das Freiwilligkeitsprinzip. Die Wirtschaft sollte Barleys Drohung als Warnschuss betrachten. Wenn sich 70 Prozent der in Frage kommenden Unternehmen eine Zielgröße von null Prozent für den Frauenanteil in ihren Vorständen setzen, dann ist das ein unhaltbarer Zustand.
An der Tatsache, dass Frauen es trotz hervorragender Ausbildung oft immer noch besonders schwer haben, in ihrem Unternehmen aufzusteigen, kommt keiner vorbei. Ohne politischen Druck dürfte sich dieses Problem nicht in Wohlgefallen auflösen. Offen bleibt zwar, ob Barley nach der Bundestagswahl noch dafür zuständig ist, ob ihre SPD überhaupt wieder mitregiert. Aber auch die Union hat längst erkannt, dass sich beim Frauenanteil in Führungspositionen deutlich mehr tun muss als bisher. Die Wirtschaft sollte also alarmiert sein.