Meinung Martin Schulz und die K-Frage - Abwarten und Tee trinken

Alle paar Tage wird darüber spekuliert, ob Martin Schulz nun Kanzlerkandidat der SPD wird, ob er noch will, darf, soll. Oder dass doch bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr Parteichef Sigmar Gabriel ins Rennen geht, weil er qua Amt das erste Zugriffsrecht hat, weil er nicht noch einmal einem anderen den Vortritt überlassen kann.

Foto: krohnfoto.de

Die muntere Kaffeesatzleserei, bei der manches Medium mal so und mal so berichtet, wird zunehmend lächerlich.

Abwarten und Tee trinken. Die SPD hat sich ihren Fahrplan gegeben. Punkt. Den kann man durchaus für falsch halten, da das Herauszögern der Entscheidung die Spekulationen zur K-Frage beflügelt. Außerdem war es zuletzt so, dass einige Genossen aus der Führungsetage bewusst oder unbewusst die Debatte über den potentiellen Merkel-Herausforderer angeheizt haben. Fakt ist: Es gibt gute Gründe für die SPD, mit Schulz anzutreten - seine neue Beliebtheit, seine Ferne zum Berliner Politbetrieb, seine europäische Erfahrung. Und es gibt gute Gründe, dass Gabriel es macht- er ist der Parteichef, er kennt die Schwächen der Kanzlerin, er kann Wahlkampf.

Vor allem aus Sicht derjenigen, die sich bei der übernächsten Bundestagswahl bessere Chancen auf den Job im Kanzleramt ausrechnen (Nahles, Scholz, Schwesig), ist Gabriel erste Wahl. Aber die Genossen lassen sich nicht erweichen. Sie bleiben dabei, dass sie erst Ende Januar die offizielle Präsentation ihres Kandidaten vornehmen wollen. Und so lange weder Gabriel noch Schulz die Frage klar beantwortet, wer von ihnen Kanzler werden will, sollte man zähneknirschend das rote Prozedere akzeptieren.

Es ist jedenfalls kein Ausdruck von Qualitätsjournalismus, wenn man vage und ohne konkrete Quellen diese leidige Debatte immer wieder anstachelt und die Öffentlichkeit damit nervt statt informiert. In Zeiten, in denen der Journalismus ohnehin kritisch wie nie gesehen wird, gilt das umso mehr.