Metall-Tarifeinigung: Eindrucksvolles Krisenmanagement
Metall-Tarifeinigung mit Symbolcharakter
Selten hat ein Tarifabschluss so viel Zustimmung bekommen wie der jüngste Abschluss in der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen. Solche Einmütigkeit über alle Parteigrenzen hinweg ist in der Regel verdächtig: Wo ist der Haken?, werden sich manche fragen. Doch so lange man auch sucht: Diese Einigung hat Symbolcharakter - ganz ohne Haken.
Sie reagiert mit Augenmaß auf eine Wirtschaftskrise von historischem Ausmaß, sie lässt alle ideologischen Grabenkämpfe außen vor und konzentriert sich einzig und allein auf die Sache: den Erhalt von zigtausenden Arbeitsplätzen in der gebeutelten Metallindustrie. Dafür nimmt die IG Metall in Kauf, dass die Löhne de facto in den kommenden zwei Jahren kaum steigen - rechnet man die Inflation mit ein. Auf Warnstreiks, Trillerpfeifen und das übliche Säbelgerassel wurde ganz verzichtet. Heimlich, still, leise und blitzschnell wurde das Paket "Zukunft in Arbeit" mit den Arbeitgebern geschnürt. Zu diesem eindrucksvollen Krisenmanagement kann man den Tarifparteien nur gratulieren.
IG-Metall-Chef Berthold Huber setzt sich mit diesem Abschluss an die Spitze der modernen Gewerkschafter und könnte zum Wegbereiter einer neuen Tarifkultur werden. Die Chemieindustrie etwa wird sehr froh sein über diesen Abschluss mit Pilotcharakter.
So viel Einsicht würde man sich nun auch bei Verdi-Chef Frank Bsirske wünschen. Dieser führt derzeit im Öffentlichen Dienst einen Arbeitskampf ganz nach althergebrachtem Muster: Forderung nach kräftigen Lohnerhöhungen, massive Warnstreiks, Kampfparolen. Doch im Öffentlichen Dienst gibt es mindestens so wenig zu verteilen wie in der Metallbranche: Die öffentlichen Kassen sind leer, die Wirtschaftskrise hat Milliardenlöcher in die Haushalte gerissen. Und: Die Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes kommen bereits in den Genuss eines Privilegs, für das die sonst so kampferprobten Metaller bereit waren, neue Wege zu gehen: sichere Jobs.
Auch im Öffentlichen Dienst sind also intelligente Lösungen jenseits alter Rituale gefragt, die der außergewöhnlichen Situation Rechnung tragen. Das gilt übrigens in gleichem Maße für eine weitere Gruppe, die derzeit für Unverständnis sorgt: die Piloten der Lufthansa.