Meinung Nationalmannschaft - „Kanaken und Kartoffeln“? Was das wahre Problem ist

Das deutsche Aus bei der Fußball-WM ist mehr als zwei Monate her, seither schreit die Nation Zeter und Mordio, rätseln Journalisten über teaminterne Zusammenhänge, werden Spielparameter öffentlich durchforstet und reden anonymisierte Informanten von „Kanaken und Kartoffeln“ in der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft.

Foto: Sergej Lepke

Und an allem trägt der DFB samt Bundestrainer Joachim Löw eine gehörige Schuld, weil es naiv ist, sich öffentlich (Mittwoch!) mehr als zwei Monate nach einem krachend gescheiterten Großvorhaben zu äußern, in das man zuvor zu gerne alle eingebunden hat: Fans, Medien, Industrie und Sponsoren.

So hat der Verband die Flanke geöffnet, über die alle Kritiker seit Wochen einfallen. Mit allerhand Inhalten, die den Neubeginn für den jüngst gescheiterten Trainer Löw wahrlich nicht leichter machen: Denn einen Konflikt zwischen „Kanaken und Kartoffeln“ glaubte der Bundestrainer bislang nicht aus dem Weg räumen zu müssen.

Muss er vielleicht auch weniger als man vermutet. Wer irgendwann mal Fußball gespielt hat, weiß, dass 23 Spieler selten 23 Freunde sind. Weiß, dass hier wie dort der Flachs blüht, Unterschiede oft spielerisch und hemdsärmelig kultiviert werden, sprich: Aus „Kanaken und Kartoffeln“ muss man kein Rassismusproblem in der deutschen Nationalmannschaft konstruieren. Deutlich schlimmer ist ein anderer Aspekt: Dass niemand mehr da zu sein scheint in diesem großen DFB-Apparat und zuerst im Kader selbst, der die vollkommen normalen Unterschiede ausgleichen und moderieren kann.

Das konnten mal Typen wie Mertesacker, Podolski oder der am Dienstagabend in München schmerzlich verabschiedete Schweinsteiger. Das können heute aber viel weniger vermeintliche Führungsspieler wie Neuer, Khedira oder auch Kroos. Das ist Typenfrage, irgendwo zwischen offen oder zurückhaltend, egoistisch oder altruistisch — und oft sozialisationsabhängig. Und es ist etwas, das zum Vorschein kommt, wenn die Probleme groß werden: In der Causa Özil zum Beispiel hat gleich der ganze Selbstreinigungsapparat samt aller Mitspieler versagt.

Drum täte Löw gut daran, bei seiner heutigen Auswahl der nächsten deutschen Fußball-Generation auf etwas zu achten, was neben fußballerischem Können zunehmend unerlässlich ist: Teamfähigkeit, weniger Egoismus, mehr Bewusstsein für die Aufgabe — als für das eigene Tun.