Neuer Infektionsrekord Merkels Szenario ist kein Naturgesetz

Meinung | Berlin · Angela Merkel lag offenkundig nicht ganz falsch, als sie Ende September prophezeite, dass es bis Weihnachten mehr als 19.000 neue Infektionen pro Tag geben könnte. Was also tun?

Foto: k r o h n f o t o . d e

Angela Merkel lag offenkundig nicht ganz falsch, als sie Ende September prophezeite, dass es bis Weihnachten mehr als 19 000 neue Infektionen pro Tag geben könnte. Damals lagen die Zahlen noch tief im unteren vierstelligen Bereich, und nicht wenige empfanden die Ansage der Kanzlerin als Panikmache. Zieht man den jüngsten Rekord bei den Neuansteckungen in Betracht, könnte es nun sogar noch deutlich heftiger kommen. Was also tun?

An Warnungen hat es sicher nicht gefehlt. Das politische Vokabular zur Charakterisierung der Dramatik ist praktisch aufgebraucht. Noch mehr geht nicht, zumal sich auch die größten Alarmismen irgendwann abschleifen. Insofern ist man tatsächlich längst dabei, mit dem Virus zu leben. Die Konsequenz daraus darf freilich nicht Sorglosigkeit sein. Vielmehr geht es um einen rationalen Umgang mit der Pandemie. Welche Gegenmaßnahmen haben was gebracht? Welche nicht? Und was lässt sich hier noch verbessern?

Der Lockdown im Frühjahr war ja im doppelten Wortsinn aus der Not geboren: Keiner wusste so recht, was zu tun ist, also wurde alles Mögliche getan. Inzwischen weiß man aus zahlreichen Studien, dass die meisten Geschäfte nicht geschlossen und Schulen oder Kitas nicht gleich dicht gemacht werden müssen, wenn einfache Hygiene-Regeln eingehalten werden. Das größte Infektionsgeschehen, auch das ist mittlerweile erwiesen, spielt sich im privaten Bereich ab. Je weniger Kontakte, desto schwerer hat es das Virus, sich immer weiter zu verbreiten. Und klar ist auch, dass bei Risikogruppen, also etwa pflegebdürftigen oder chronisch kranken Menschen viel mehr getestet werden muss, um sie besser zu schützen.

Die Debatte über immer neue und schärfere Maßnahmen lenkt von solchen Erkenntnissen nur ab. Würden einfachste Regeln stärker beherzigt, wäre schon viel gewonnen. Merkels düsteres Szenario muss daher auch nicht in Erfüllung gehen. Es ist kein Naturgesetz.

(red)