NRW braucht eine verlässliche Politik
SPD und Grünen streiten über die Energie
Ein wenig fühlte man sich an alte rot-grüne Streit-Zeiten erinnert: Zwischen SPD und Grünen knirscht es — und am Dienstag platzte dem Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen kontrolliert der Kragen. Das ist ungewöhnlich, weil die Koalition unter Führung von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bislang auffallend geräuschlos zusammengearbeitet hatte. Und auch wenn es nicht wie unter Wolfgang Clement und Peer Steinbrück zu einer tiefen Koalitionskrise kommen dürfte — der Vorgang zeigt, dass die Gräben zwischen den Partnern in der Energiepolitik unverändert tief sind.
Die SPD ist traditionell kohle- und industriefreundlich, die Grünen dagegen setzen ganz auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Es ist daher nicht das erste Mal, dass Priggen und Wirtschaftsminister Garrelt Duin aneinandergeraten. Beim Streit um das auf Eis liegende neue Kohlekraftwerk in Datteln retteten sich beide Seiten in einen Formelkompromiss. Und auch am Dienstag war die SPD bemüht, den neuerlichen Zwist zwischen den beiden Männern auf kleiner Flamme zu kochen.
Damit ist die Kuh aber nicht vom Eis. Im Gegenteil: Von heute an werden in Berlin die Weichen für eine schwarz-rote Koalition auf Bundesebene gestellt. Eines der wichtigsten Themen: die Energiewende. Und für die Sozialdemokraten führt ausgerechnet NRW-Ministerpräsidentin Kraft die Gespräche. Da sich Union und SPD in der Energiepolitik näher sind als SPD und Grüne, ist neuer Streit in NRW programmiert.
Rot-Grün sollte daher den jüngsten Streit als reinigendes Gewitter nutzen, sich an einen Tisch setzen und zu einer gemeinsamen Linie kommen. Da helfen weder öffentliche Äußerungen, noch Hinweise auf den Koalitionsvertrag.
Dabei sollte allen Beteiligten mehr als klar geworden sein, dass es mit der Energiewende nicht rund läuft. Gerade aber NRW ist als Industrieland Nummer eins in Deutschland auf bezahlbaren Strom angewiesen. Verbraucher und Unternehmen, die Energie aus fossilen und aus regenerativen Quellen produzieren, brauchen Planungssicherheit. Zeit also, Grabenkämpfe zu überwinden und sich mit einer Stimme für die Interessen des Bundeslandes einzusetzen.