Meinung NRW-Landtagsdebatte - Rückkehr der Opposition

Wie wichtig eine funktionierende Opposition in der Demokratie ist, ist nicht erst am Donnerstag im NRW-Landtag deutlich geworden. Aber eben auch. Opposition nervt, fordert — und treibt an. Und sorgt im besten Fall für die besten Ergebnisse von Politik.

Foto: Sergej Lepke

In NRW galt es zu befürchten, dass SPD und Grüne nach einer für sie überraschenden und niederschmetternden Wahlniederlage im Mai sehr lange und vielleicht zu lange brauchen würden, um die eigenen Reihen neu aufzustellen. Und die neue Rolle auch anzunehmen. Diese Befürchtung ist seit Donnerstag weniger groß. Auch wenn sie nicht gewichen ist. So gut gestern der Auftritt von SPD-Fraktionschef Norbert Römer gewesen sein mag, braucht es doch bald Klarheit über seine Nachfolge für eine Profilschärfung dieser neuen SPD. Politik funktioniert eben auch über Köpfe. Das gilt auch für die Grünen, deren durchaus vorhandene Inhaltsstärke und Detailkenntnis künftig noch sehr viel pointierter zum Tragen kommen muss.

Auch wenn die nächste Landtagswahl fern liegt: Die Chancen auf Angriff stehen für die SPD in NRW in den nächsten Jahren nicht so schlecht. In einem Land, das die Sozialdemokraten einst als Herzkammer begreifen durften und begriffen haben, liegt Potenzial der Unzufriedenen und sozial Benachteiligten brach. Die neue Regierung wird über kurz nicht umhin kommen zu verraten, wer ihnen in politischen Schwerpunktfragen weniger wichtig ist — zu groß ist die Distanz zwischen formulierten Ansprüchen und vorhandenen Mitteln. Das eröffnet Chancen für Angebote der Opposition: SPD und Grüne haben gestern deutlich gemacht, dass Opposition nicht zwingend „Mist“ sein muss, wie Franz Müntefering das einst bezeichnet hat.

Gerade der Opposition entwachsen ist in NRW die FDP. Sie wird sich nach Lindners gestrigem Abschied noch umschauen. Auch bei den Liberalen funktioniert Politik über Köpfe. Und diesbezüglich war Lindner — Inhalt hin oder her — ein Schwergewicht ohne Ersatz.