Meinung NRW-SPD plant Neustart
Vor zehn Monaten lag die NRW-SPD in Trümmern. Abgestraft von den Wählern, die der Partei unter Führung von Hannelore Kraft nichts mehr zutrauten. Laut ging der Ruf nach Erneuerung durch die Partei. Und er verhallte.
Denn was kam, war das Gegenteil: Norbert Römer blieb Chef der Landtagsfraktion, Michael Groschek, Verkehrsminister der abgewählten Kraft-Regierung, rückte an die Spitze der Partei. Ernüchterung allerorten. Inzwischen haben sich die Mienen deutlich aufgehellt. Groschek erwies sich als überaus erfolgreicher Krisenmanager, dem es sogar gelang, die Bedeutung der NRW-SPD auf Bundesebene erheblich zu stärken.
Dabei sah es zeitweise ganz anders aus. Nach der verlorenen Bundestagswahl fuhr Groschek Hand in Hand mit dem damaligen SPD-Chef Martin Schulz voll auf Anti-Groko-Kurs. Die Hürden für eine neue große Koalition wurden unter maßgeblicher Beteiligung der NRW-SPD sehr hoch gesetzt. Im Nachhinein lässt sich das durchaus als geschicktes Taktieren deuten: Angela Merkel musste der SPD bei den Sondierungen schmerzhafte Zugeständnisse machen, um die Tür für eine erneute große Koalition zu öffnen. Groschek bekam tatsächlich, was er wollte — und schwenkte um auf Pro-Groko-Kurs. Zwei Drittel aller Mitglieder einer phasenweise zerrissenen Partei folgten diesem Weg.
Nach diesem Meisterstück räumt Groschek seinen Posten und gibt der NRW-SPD die Chance zum personellen Neustart, zumal auch Römer wie geplant abtritt. An geeigneten Kandidaten mangelt es nicht. Vermutlich wird die Fraktion Marc Herter an ihre Spitze wählen, Sarah Philipp könnte Generalsekretärin werden. Und Thomas Kutschaty wäre ein Kandidat als Parteichef. Bevor diese Entscheidung in Hinterzimmern ausgekungelt wird, sollte die Partei sich besinnen und die Mitglieder befragen, wer sie führen soll. Vielleicht stellen sich sogar mehrere Kandidaten zur Wahl. Schaden kann das sicher nicht. Ganz im Gegenteil.