Offene Ganztagsschule - Niemals ganz oder gar nicht
Die Offene Ganztagsschule als zusätzliches Bildungsangebot — das war die ursprüngliche Idee. Auch, um Unterschiede von sozialer Herkunft und Lerntempo aus dem „regulären“ Unterricht besser ausgleichen zu können.
In der Praxis aber ist der Offene Ganztag natürlich weit weniger: Nur 44 Prozent der Grundschüler in NRW nehmen ihn wahr. Und oft wird dann doch eher verwahrt denn gelehrt. Deshalb ist die dringlichste Aufgabe, zuerst zu klären, was Offener Ganztag eigentlich wirklich sein will. Erst, wenn man sich dessen bewusst ist und solche Ziele mit einer angemessenen Finanzierung und entsprechenden Konzepten untermauert, wird man sich dem neuen Teilnahme-konzept widmen können.
Fest steht: Es ist völlig unzeitgemäß, dass es bei einer Entscheidung für eine Ganztagsbetreuung bislang eigentlich nur Hopp oder Top geben kann. Entweder voll und verpflichtend dabei sein oder eben gar nicht — das sind Strukturen von anno dazumal und haben nichts zu tun mit der Flexibilität, die vielen Eltern in ihrer Alltagswirklichkeit im Arbeitsleben abverlangt wird. In einer reichen Gesellschaft, die Kinder braucht, um ihren Reichtum bewahren zu können, ist es nichts als die Pflicht des Staates, über den Grundunterricht hinaus für Lehr- und Lernangebote zu sorgen, die sich auch und zuerst nach Bedürfnissen richten.
Nach Bedürfnissen von Schülern, wenn es um Bildungsinhalte geht. Und nach Bedürfnissen von Eltern, wenn Betreuungszeiten wichtig werden. Das schließt die Verantwortung von Eltern keinesfalls aus: Dass nicht jeder kommen und gehen kann, wie er will, versteht sich fast von selbst. Daraus aber am Ende abzuleiten, keinerlei flexible Konzepte entwickeln zu können, wie das die Bildungsgewerkschaft GEW am Dienstag allzu schnell hinausposaunte, hieße, es wieder grundsätzlich falsch anzugehen: wieder also entweder ganz oder gar nicht? Das ist so einfallslos, wie Schule, Erziehung und Bildung schon lange nicht mehr sein dürften.