Parteitag: Die unscharfen Konturen der SPD
Die Sozialdemokraten taten sich schwer bei ihrer Positionsbestimmung.
Bei allen bemerkenswerten Redebeiträgen: Die Sozialdemokraten taten sich am Sonntag schwer bei ihrer Positionsbestimmung. Parteichef Sigmar Gabriel machte eindeutig klar, dass er Chef im Ring ist. Er mischte in seiner quälend langen Rede die knüppelharte Abrechnung mit dem politischen Gegner geschickt mit dem Buhlen um die Grünen als Bündnisbeschaffer und Mehrheitsgaranten eines SPD/Grünen-Bündnisses.
Das gehört zur Routine des populistischen Parteichefs, der der SPD neues Leben eingehaucht hat. Trotzdem wartet auf die Sozialdemokraten in den kommenden Monaten eine umfangreiche politische Klärungsarbeit. In der Integrationsdebatte ist die SPD-Mitgliedschaft, wie Gabriel freimütig bekannte, komplett gespalten.
Über die Gen-Thesen Sarrazins zu debattieren, lohnt gewiss nicht, darüber bestand gestern zwar Einigkeit. Aber dennoch: Der Partei ist es nicht gelungen, mit einer einzigen Resolution Ursachen und Konsequenzen der Integrationsverweigerung zu beleuchten.
Nicht nur die zwiespältige Integrationsdebatte zeigt: Die SPD ist von einem schlüssigen Gesamtkonzept für die kommenden Jahre noch weit entfernt. Das gilt um so mehr für das Thema Steuerreform, wo der frühere Finanzminister Peer Steinbrück geschickt die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenkte, dass es um mehr als die - in der SPD sehnsüchtig gewünschte - Erhöhung des Spitzensteuersatzes gehe.
Einzig bei der Rente mit 67 ist die Therapie mittlerweile klar: Die Urheber dieser umstrittenen Idee tun alles, um sich vor ihrer Verwirklichung zu drücken. Und die politische Verhinderungsmacht dazu hätten die Sozialdemokraten durch die gegenwärtige Blockademöglichkeit im Bundesrat.
Die SPD hat ihr erstes Oppositionsjahr mit der hohen Erwartung abgeschlossen, 2013 wieder den Kanzler zu stellen. Inhaltlich allerdings gilt es, noch so manches Vakuum zu füllen. Sigmar Gabriel schlägt als Konzept vor, man müsse europäischer und parteiischer werden, was vager kaum sein könnte. Peer Steinbrück wiederum legte sich bei den Antworten auf ein kräftiges "sowohl als auch" fest. Auch hier zeigte sich die für den Berliner Parteitag so charakteristische inhaltliche Schwäche.