Guantanamo-Häftlinge: Für Humanität und Diplomatie
Darum ist es richtig, dass Deutschland Häftlinge aufnimmt.
Zugegeben, ein wenig Unwohlsein beschleicht einen doch bei dem Gedanken, dass seit Donnerstag inklusive dem Deutsch-Türken Murat Kurnaz nun drei ehemalige Häftlinge des US-Gefängnisses Guantanamo in Deutschland leben. Zwar haben die Geheimdienste der USA den dreien in sicher stundenlangen und kaum zimperlichen Verhören keine Terrorpläne oder gar die Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 nachweisen können. Aber Selbstmordattentäter verbreiten rund um den Globus soviel Angst und Schrecken, dass auch am unschuldigsten Moslem Verdacht hängt. Soweit haben Terror und Krieg gegen den Terrorismus viele in der westlichen Welt gebracht.
Dennoch ist es richtig, dass Deutschland wenigstens drei offensichtlich zu Unrecht beschuldigten und eingesperrten Männern eine neue Heimat gibt.
Es ist wahr, dass Deutschland mit Guantanamo eigentlich nichts zu tun hat. Diese traurige Geschichte ist im Grunde Sache der Amerikaner. Wahr ist auch, dass die Aufnahme der Ex-Häftlinge mit immensem Aufwand verbunden ist. Und es stimmt natürlich, dass ein Restrisiko nie ganz ausgeschlossen werden kann. Die Sauerland-Gruppe hat gezeigt, dass aus zunächst ganz normalen Menschen jederzeit Mordmaschinen werden können.
Und doch ist es ein notwendiger Akt der Humanität, dass die Unschuldigen unter den fast 800 Weggesperrten von Guantanamo ein neues, freies Leben anfangen können. Diesem Anspruch kann Deutschland sich nicht entziehen. Alle Bundesregierungen seit 2001 haben Guantanamo kritisiert und zu Recht angeprangert, dass weder Gerichtsverfahren stattfanden noch Anwälte sich um die bis zu neun Jahre lang Inhaftierten kümmern durften. Daraus leitet sich eine moralische und diplomatische Pflicht ab. Diese Pflicht hat die aktuelle Bundesregierung erfüllt, indem sie zumindest zwei Häftlinge aufnimmt.
Das mag nicht viel sein. Aber es ist ein wichtiges Signal an die USA und in die islamische Welt. Amerika weiß, dass es in Deutschland trotz erheblicher Meinungsunterschiede über Guantanamo einen verlässlichen Partner hat. Und die Moslems überall dürfen die Entscheidung der Bundesregierung als Zeichen des Verständigungswillens interpretieren.