Koranverbrennung: So sind wir nicht – und die auch nicht
Der Hassprediger Terry Jones und sein Spiel mit dem Feuer.
Der wohl lehrreichste Satz im weltweiten Aufschrei über die bisher nur angekündigte und vielleicht noch abzuwendende Koranverbrennung stammt von Hillary Clinton. "So sind wir nicht", hat die US-Außenministerin das Vorhaben des Demagogen Terry Jones kommentiert, jenes Mannes, der sich absurderweise Pastor, also Hirte, nennt. So sind wir nicht - da schwingt die massive Sorge mit, die islamische Welt könnte das Einzelbild aus Florida als Gesamtbild des Westens missverstehen.
Werden wir uns diesen Satz wieder in Erinnerung rufen, wenn der nächste islamische Hassprediger zu Selbstmordattentaten aufruft, wenn wieder Bilder von brennenden US-Flaggen über die Bildschirme flimmern - so sind die nicht? Es wäre ja vielleicht ganz hilfreich, auch für unsere Wahrnehmung des Islam, wenn wir uns vergegenwärtigen, welche alberne Randfigur sich da im Augenblick mit größtmöglicher Wirkung zum gottgewollten Retter der Welt aufspielt - egal, ob den Worten noch Taten folgen oder nicht.
Terry Jones spricht natürlich weder für den Westen noch für die Christen, noch nicht einmal für die breite Mehrheit der evangelikalen Christen. Im Grunde spricht der Sektierer nur für sich und sein Häuflein Getreuer.
Das macht sein Spiel mit dem Feuer nicht weniger quälend: für die Muslime, denen der Koran als Schrift gewordenes Wort Gottes mindestens so viel bedeutet wie den Christen die Bibel. Aber auch für die Christen, jeden geschichtsbewussten Deutschen und alle Menschen, die noch bei Verstand sind. Dabei ist Jones’ kalkulierte Provokation wahrlich nicht originell: Seit dem Mittelalter haben Christen den Koran verbrannt, Muslime die Bibel, Juden das Neue Testament und Nazis die Werke der deutsch-jüdischen Intelligenz. Und trotz aller dramatischen Folgen ist dieser Akt der Barbarei letztlich auf seine extremistischen Verursacher zurückgefallen.
Das wäre noch das Beste, was wir von dem Fall Terry Jones mitnehmen könnten: die Erkenntnis, dass noch immer wir selbst entscheiden, von wem wir uns provozieren lassen. Die Welt ist weiter, als uns die eindimensionalen Hassprediger glauben machen wollen. Eine Erkenntnis, die am Samstag, an diesem so emotional besetzten Tag, hoffentlich Christen wie Muslime erreicht.