Pinkwarts politischer Schleiertanz
Im bevölkerungsreichsten Bundesland gibt es keine klare politische Mehrheit, nach dem Ende der Sommerferien wird dies augenscheinlich den Parteien noch einmal bewusst. Die CDU sucht einen neuen starken Mann und hat dafür zwei vorzeigbare Kandidaten.
Sowohl Norbert Röttgen als auch Armin Laschet ist zuzutrauen, dass sie die Union aus dem Wellental in der Wählergunst herausführen.
Beide gelten innerhalb der CDU als liberal, was dort gleichgesetzt wird mit modern. So gesehen ist die FDP immer modern, kommt aber derzeit überhaupt nicht an. Sie ist tief im Morast der Fünf-Prozent-Niederungen, hat derzeit dem Wähler außer der ewigen Steuersenkungslitanei wenig zu bieten.
Der Chef der NRW-Liberalen, Andreas Pinkwart, hat in den vergangenen Monaten schon häufiger Anläufe unternommen, um dies zu ändern. Nun sendet er in der Bildungspolitik heftige Flirtsignale an das Damen-Duo Hannelore Kraft (SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne). Doch die beiden sollten sich nicht zu früh freuen. Aus ihrer Minderheitsregierung ist nicht plötzlich eine stabile Ampel-Koalition geworden. Denn Pinkwart ist nicht die FDP.
Zwar ist er Landesparteichef und damit nominell die klare Nummer 1 der Liberalen. Die Politik wird jedoch in der Landtagsfraktion gemacht. Dort hat aber Gerhard Papke, ein ausgewiesener Wirtschaftsliberaler und Feind jeder Annäherung an SPD und Grüne, das Sagen.
Papke hat es zwar hinnehmen müssen, dass es Sondierungsgespräche mit Rot-Grün gab. Als es ernst wurde, senkte er aber den Daumen. Und Pinkwart musste sich dem beugen. In der Fraktion gibt es keine Mehrheit für eine Öffnung hin zu neuen Bündnissen. Hier ist Pinkwart einstweilen noch allein zu Hause.
Dabei ist sein Verhalten eigentlich die logische Antwort auf die aktuelle Situation in NRW. Es gibt keine klaren politischen Mehrheiten, die FDP ist mit ihrer engen Bindung an die CDU krachend gescheitert. Eine neue Option über Schwarz-Gelb hinaus wäre für die Liberalen sehr wichtig, das weiß auch die Parteispitze in Berlin, allen voran Generalsekretär Christian Lindner. Pinkwart testet also etwas aus, was später einmal tatsächliche Politik werden kann. Einstweilen aber ist das nur ein machtpolitischer Schleiertanz.