Sicherungsverwahrung: Den absoluten Schutz wird es nicht geben
Beim Thema Sicherungsverwahrung gibt es mindestens fünf Perspektiven. Opfer-Perspektive: Der Sexualstraftäter muss für immer weggesperrt werden, damit er nicht weitere Taten begeht.
Täter-Perspektive: Wer seine Strafe abgesessen hat, hat ein Recht auf Freiheit. Er darf nicht für Taten eingesperrt werden, die er gar nicht begangen hat. Polizei-Perspektive: Eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung von Entlassenen ist teuer, bindet Personal, das anderswo fehlt.
Justiz-Perspektive: Der Menschenrechtsgerichtshof sagt: Bei rückwirkend angeordneter Sicherungsverwahrung ist der Täter freizulassen. Der Bundesgerichtshof sagt das Gegenteil. Was gilt?
Gesetzgeber-Perspektive: Die Politik ist hin und her gerissen zwischen dem Ruf aufgebrachter Bürger nach mehr Sicherheit einerseits. Andererseits sind da die Vorgaben des Straßburger Gerichtshofs und dessen harsche Kritik an den deutschen Regeln zur Sicherungsverwahrung.
Eine simple Lösung gibt es nicht. Nicht alle Täter, die nach dem Straßburger Urteil entlassen werden müssten oder bereits entlassen wurden, können einfach mit dem Etikett "psychisch gestört" eingesperrt werden. Schließlich waren sie ursprünglich als schuldfähig - und damit gerade nicht als psychisch krank - eingestuft worden, andernfalls wären sie nicht verurteilt worden.
Sie werden sich juristisch dagegen wehren, interniert zu werden. Selbst wenn dies in Heimen geschieht, die im Vergleich zum Strafvollzug komfortabel sind.
Das Therapieangebot auszubauen, ist richtig. Auch wenn Pädophilie kaum im medizinischen Sinne heilbar ist, so kann doch dem Betroffenen vermittelt werden, sich von für ihn kritischen Situationen fernzuhalten. Niemand kann etwas für seine Neigung - wohl aber dafür, wie er damit umgeht.
Doch es wird auch die Therapieverweigerer geben. Hier kann selbst die verschärfte Aufsicht in Freiheit keine absolute Sicherheit bringen. Dann darf nicht nur achselzuckend auf ein von der Gesellschaft zu tragendes Restrisiko verwiesen werden.
Solch eine Verweigerungshaltung müsste zu Lasten des Verweigerers, das heißt: seiner Freiheit, gehen. In solchen Fällen wäre es wünschenswert, dass Politik und Justiz den Konflikt mit den Straßburger Richtern nicht scheuen.