Stoppt sofort die Alleinflüge — von heute an
Kommentar Lufthansa muss das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit einführen
Nach dem 11. September 2001 richteten sich alle Bemühungen darauf, keine gefährlichen Stoffe an Bord von Flugzeugen gelangen zu lassen und das Cockpit vor Eindringlingen von außen zu schützen. Nun müssen Fluggesellschaften und Gesetzgeber die Frage beantworten, wer die Passagiere eigentlich vor Gefahren aus dem Cockpit schützt — und warum es wider besseres Wissen nicht schon längst geschieht.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat Donnerstag erklärt, man habe sich „in unseren schlimmsten Alpträumen“ nicht vorstellen können, dass sich solch eine Tragödie ereignen kann.
Die Wahrheit ist, dass es dazu keines Alptraums bedurft hätte. Denn Fälle, in denen Piloten in Selbsttötungsabsicht vollbesetzte Passagier-Flugzeuge zum Absturz bringen, sind ausreichend dokumentiert. Bei amerikanischen Fluggesellschaften ist es üblich, dass ein Mitglied der Kabinen-Besatzung mit einem Servierwagen den Weg zum Cockpit blockiert, wenn die Cockpit-Tür geöffnet wird.
Das Crew-Mitglied begibt sich in das Cockpit, wenn einer der Piloten es verlässt — und öffnet ihm nach der Rückkehr die Tür. Zu keinem Zeitpunkt ist eine Person allein im Cockpit. Amerikanische Experten gingen Donnerstag davon aus, dass der Co-Pilot von Germanwings die Maschine nur zum Absturz bringen konnte, weil auf diesem Flug die Standard-Prozedur des Vier-Augen-Prinzips im Cockpit verletzt wurde.
Das Problem daran ist: Der amerikanische Standard ist dem Lufthansa-Chef bekannt. Aber Lufthansa und Germanwings wenden ihn — wie auch (fast) alle anderen europäischen Airlines — nicht an. Stattdessen haben sie die Zahl und die Dauer der Flüge mit nur zwei statt drei Piloten in den vergangenen Jahren ständig erhöht, während gleichzeitig psychologische Tests nicht zu den regelmäßigen Flugtauglichkeits-Untersuchungen gehören. Und das in Zeiten, in denen Burnout-Symptome und Depressionen sich auch in weit geringer belasteten Berufsgruppen zu regelrechten Volkskrankheiten ausgewachsen haben.
Es ist für die Lufthansa und ihre Tochter Germanwings peinlich und beschämend, dass Donnerstag als erstes eine norwegische Billig-Airline ankündigte, das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit sofort einzuführen.