Meinung Studie zum deutschen Steuer- und Sozialsystem - Seltsame Blüten

Leistung muss sich lohnen. Diesen Satz wird jede Partei unterschreiben. Gerade jetzt, da Wahlkampf ist. Denn wer sich anstrengt, soll mehr haben, als derjenige, der seine Hände eher in den Schoß legt.

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Ausweislich einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung kommt es dank des deutschen Steuersystems jedoch zu ganz anderen Effekten, treibt der zweifellos gut ausgebaute Sozialstaat auch seltsame Blüten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich Mehrarbeit nicht nur nicht mehr lohnt, sondern am Ende sogar weniger im Portemonnaie hängen bleibt als vorher. Und das ausgerechnet bei den unteren Einkommensgruppen, die fast alle Parteien angeblich so stark im Blick haben.

Das Problem tut sich zum Beispiel an der Schwelle vom Mini-Job zu einer ordentlichen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf. Besteht hier auch noch ergänzender Anspruch auf Hartz IV, muss der neue Lohn schon vergleichsweise hoch ausfallen, um den Wegfall der staatlichen Grundsicherung wettzumachen oder zu überbieten. Zumal dann auch die Steuer- und Sozialabgaben auf den Verdienst steigen. Im politischen Ringen um eine grundlegende Steuerreform ist meistens vom Spitzensteuersatz die Rede und davon, wie hoch er sein muss, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Die jüngste Expertise zeigt jedoch, dass die Ungerechtigkeit schon im Kleinen beginnt. Also dann, wenn niedrige Einkommensgrenzen überschritten werden. Wer mag sich dafür auch noch anstrengen? Nein, solche Effekte sind zutiefst leistungsfeindlich.

Die Lehre daraus kann nur heißen, das Gesamtsystem aus Steuern, Abgaben und Transferleistungen einer gründlichen Renovierung zu unterziehen. Daran müssen sich die Parteien mit ihren Reformkonzepten im Wahlkampf messen lassen.