Test bei der Bahn: Eine allzu kleinliche Statistik
Stiftung Warentest kritisiert die Pünktlichkeit der Bahn
Die Deutsche Bahn ist immer wieder für Aufregung gut. Mal ist es die Technik, die nicht den Ansprüchen an die Sicherheit genügt. Mal treibt ungeschicktes Verhalten des Personals die Fahrgäste auf die Palme. Komfortabel und fahrplanmäßig wollen tagtäglich Millionen von Bahnkunden reisen. Ihr Gefühl sagt ihnen: Viele Züge sind ungepflegt, überfüllt und unpünktlich.
Zumindest für die Pünktlichkeit gibt es jetzt Zahlen statt nur Bauchgefühl. Allerdings nicht von der Deutschen Bahn, die als Staatsunternehmen Rechenschaft ablegen müsste über ihr Geschäft, ihr Wissen aber unter der Decke hält. Nein, die Stiftung Warentest hat eine Statistik erstellt — allerdings eine eher seelenlose Statistik. Die zieht ihre Schlüsse aus einem Acht-Monats-Zeitraum und einem Mix von normalem Betrieb, von Unwetter- und Streiktagen, und zählt penibel alle Verspätungen über fünf Minuten zusammen. Das mag statistisch in Ordnung sein, entspricht aber nicht der Lebenswirklichkeit. Die Statistik ist kleinlich.
Richtig ist: Bei der Bahn ist in der jüngeren Vergangenheit in einem unverantwortlichen Maße gespart worden, nur um die Rendite zu steigern und das Unternehmen an die Börse zu bringen. Der Fairness halber muss aber auch erwähnt werden: Das neue Management hat die Fehler erkannt. Inzwischen werden zusätzliche Milliarden in die kürzerfristige Wartung des bestehenden Fuhrparks und in seine Erneuerung investiert.
Die Politik scheint nach und nach zu begreifen, dass die Bahn weitere Investitionen benötigt: in neue Schienenwege, in moderne Kommunikations- und Organisationstechnik, und nicht zuletzt in die angemessene Bezahlung für qualifiziertes Personal. Zu dieser Erkenntnis trägt sicherlich auch der vorliegende Warentest bei.
Eins sollte bei aller Kritik an der Bahn bedacht werden: Wer auf der Straße oder in der Luft reist, ist keineswegs besser dran. Wetterkapriolen, technische Probleme und Streiks bringen auch Flugpläne durcheinander. Und wer auf der Straße unterwegs ist, kämpft gegen den gleichen Gegner wie die Bahn: gegen Unbillen der Witterung, gegen Staus an Baustellen, gegen Fahrzeugpannen. Aber im Gegensatz zur Schiene beschwert sich niemand, wenn seine Fahrt- oder Flugzeit ein paar Minuten länger dauert. So viel Luft muss man einplanen.