Meinung TTIP ja — aber nicht so
Wenn US-Präsident Barack Obama Ende April die weltgrößte Industriemesse in Hannover besucht, wird es richtig laut. Gegner des transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) wollen ihrem Unmut Luft machen.
Das ist ihr gutes Recht. Und zu kritisieren gibt es bei TTIP wahrlich eine Menge. Manche Widersacher des geplanten Abkommens verfolgen allerdings Motive, die alles andere als nachvollziehbar sind: Der Kapitalismus ist böse, alles Amerikanische sowieso des Teufels und eine Rückkehr zum Nationalstaat mit geschlossenen Grenzen wäre ein Segen. Argumente, die nichts taugen.
Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass Deutschland vom regen Handel mit anderen enorm profitiert. Jeder zweite Arbeitsplatz in der Industrie hängt am Export. Hinter TTIP steht also eine gute Idee. Und es stimmt auch nicht, dass das Abkommen mit den USA alle Standards in der EU zugunsten der Wirtschaft aufweicht. Bei Medizinprodukten beispielsweise sind die Auflagen jenseits des Atlantiks höher. Den Banken und Börsen schauen die Aufsichtsbehörden in den USA ebenfalls genauer auf die Finger. Und dass die Grenzwerte zum Ausstoß von Stickoxiden bei Autos in den Staaten strenger als in der EU sind, hat der VW-Skandal eindrucksvoll gezeigt.
Trotzdem gibt es gute Gründe, TTIP mit großer Skepsis zu begegnen. Vor allem wegen der privaten Schiedsgerichte. Sie können Unternehmen Schadenersatz zusprechen, wenn sich herausstellt, dass sie unter politischen Entscheidungen leiden. Mit der Androhung einer Klage lassen sich Gesetze verhindern oder verwässern. Diese Macht privater Institutionen ist undemokratisch und nicht akzeptabel. Das gilt auch für die Intransparenz der Verhandlungen. Es ist eine Farce, dass Abgeordnete des Bundestages praktisch keine Chance haben, den Gesprächen zu folgen. Falsch ist das Abkommen deshalb jedoch nicht. Freier Handel nutzt Verbrauchern und Unternehmen. Aber die Politik muss den Akteuren Grenzen setzen.