Wir brauchen den Flüchtlingsgipfel sofort
Was, was sich derzeit an Flüchtlingsdramen in Deutschland und in Europa abspielt, ist ein Armutszeugnis für die Politik. Europa steht vor der vielleicht größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts — und die Staats- und Regierungschefs der Länder haben nicht einmal eine Idee, wie diese Krise gemeinsam gelöst werden kann.
Da weigert sich etwa der britische Premier David Cameron, Flüchtlinge in seinem Land aufzunehmen, während andere Länder wie Griechenland oder Italien völlig überfordert sind mit Flüchtlingen, die täglich in ihr Land kommen. Die Slowakei erwägt, nur noch christliche, aber keine muslimischen Flüchtlinge mehr aufzunehmen. Mazedonien musste gestern den Notstand ausrufen, weil die Situation an der Südgrenze zu Griechenland eskaliert. Der Einsatz von Soldaten soll es nun richten. Wo Europa zusammenstehen müsste, ist nur der Egoismus einzelner Länder zu erkennen.
Und Deutschland? In einer Flüchtlingsunterkunft in Suhl ist die Gewalt unter Flüchtlingen eskaliert. Viel zu viele Menschen verschiedenster Nationen leben inzwischen in diesen Unterkünften auf engstem Raum, in angespannter Situation, traumatisiert und aufgewühlt von ihrer Flucht und ihren Erlebnissen. Reflexartig melden sich nun zwar Politiker zu Wort, mahnen bessere Standards in den Unterkünften an, fordern schnellere Asylverfahren, mehr Hilfe, mehr Geld. Worte, denen bislang nicht ausreichend Taten folgen.
Ja, wir haben es mit einer Ausnahmesituation zu tun, die keine einfachen Lösungen kennt. Doch wollen die Verantwortlichen sich angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen, völlig überforderter Länder und Kommunen tatsächlich erst am 24. September — also in gut vier Wochen — zum Flüchtlingsgipfel treffen? Wollen sie in Kauf nehmen, dass ein Großteil der Arbeit bei der Betreuung der Flüchtlinge bis dahin von Ehrenamtlichen geleistet wird, die schon jetzt oft bis über die Erschöpfung hinaus arbeiten?
Wir brauchen den Krisengipfel sofort. Um Flüchtlinge, die unseren Schutz benötigen, würdig unterzubringen. Um die vielen Helfer zu entlasten. Aber auch, um die Asylbewerber, die keine Aussicht auf eine dauerhafte Bleibe in Deutschland haben, schneller zurückschicken zu können. Wir brauchen eine europäische Lösung. Kanzlerin Angela Merkel schweigt bis- lang. Dieses Thema aber darf man nicht aussitzen.