Meinung Wirbel um Kretschmanns Wutausbruch: Sinn für Realitäten

Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass Winfried Kretschmann öfter mit seiner grünen Partei über Kreuz liegt. Wer nach eigenem Bekunden schon für Angela Merkels Gesundheit „gebetet“ hat und den stark links geprägten Grünen in Nordrhein-Westfalen nach der verlorenen Landtagswahl einen „idealistischen Überschuss“ bescheinigte, der eckt natürlich an.Nun sorgt der manchmal etwas kauzig wirkende Baden-Württemberger wieder für Aufregung, weil er aus seiner Ablehnung eines jüngsten Parteitagsbeschlusses keinen Hehl macht.

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Aber auch das kommt nicht überraschend. Kretschmann regiert ein Land, in dem die Autoindustrie ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist. Deshalb setzt er als Ministerpräsident zu Recht auf einen Dialog mit den Herstellern, um E-Mobilität und Klimaschutz zu befördern.

Die markige Forderung im grünen Wahlprogramm, das Ende neuer Verbrennungsmotoren mal locker auf das Jahr 2030 zu datieren, ist sicher etwas fürs politische Schaufenster. Aber mehr eben auch nicht. Dass der Weg in eine saubere Autowelt zum Beispiel mit großen Unwägbarkeiten bei den Arbeitsplätzen in der Branche verbunden ist, kümmert Spiegelstrich-Fanatiker wenig. Aber Kretschmann muss sich darum kümmern. Und er tut das offenbar recht erfolgreich. Ansonsten wären die Grünen im „Ländle“ nicht an der Macht.

Auf einen wie Kretschmann kann die Bundespartei deshalb im Wahlkampf nicht verzichten. Gut möglich, dass sich nun ein Schatten auf die grüne Geschlossenheit legt. Aber das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Zeigt Kretschmanns Wutausbruch doch auch, dass die Grünen die Realitäten im Blick behalten. Eine echte Verkehrswende ist jedenfalls nicht per Parteitagsbeschluss herbeizuführen. Das wissen auch die allermeisten Wähler.