Zeitarbeitsdebatte: Arbeit muss ihren Mann ernähren
Leitartikel von Lothar Leuschen.
Zwischen "Allheilmittel" und "Sklaventreiberei" gibt es kaum eine Bezeichnung, die noch nicht auf Zeitarbeit angewendet worden wäre. Nun, da diese Form des Beschäftigungsverhältnisses weiter wächst, gehen Befürworter und vor allem Gegner wieder in Stellung. Von Ausbeutung ist die Rede und vom Anspruch, dass gleiche Arbeit auch gleichen Lohn nach sich ziehen soll.
Umso mehr lohnt sich ein ideologiefreier Blick auf die Zeitarbeit. Wie fast alles hat auch diese Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer respektive dessen Überlasser Vor- und Nachteile. Für Unternehmen mit großem Innovationsdruck und einem hohen Anteil an Produktionsarbeitsplätzen ist die Zeitarbeit ein Segen. Die Beschäftigten sind da, wenn sie gebraucht werden. Und wenn sie nicht notwendig sind, weil ein Produkt den erwarteten Erfolg womöglich nicht erreicht, dann belasten sie die Lohnlisten auch nicht. Das ist für den Zeitarbeiter sicher unangenehm, führt aber dazu, dass Unternehmen Krisenzeiten besser überstehen und Stammarbeitsplätze erhalten können. Das ist sinnvoll. Dass die gemieteten Kräfte auch noch billiger sind als die festen, erfordert gesonderte Betrachtung.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass auch Leiharbeiter von ihrem Beschäftigungsstatus profitieren können. Die Statistiken zeigen, dass immerhin 15 bis 40 Prozent der Zeitarbeiter früher oder später in feste Beschäftigungsverhältnisse wechseln. Und die Zahlen zeigen, dass auch Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte über Leiharbeit die Chance haben, ins Berufsleben zurückzukehren oder einzusteigen. Das ist gut.
Bleibt die Frage nach der Bezahlung. Da die Diskussion um den flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland traditionsgemäß viel zu hartleibig geführt wird, empfiehlt sich die Lösungssuche nach dem Merkel-Prinzip: vom Ergebnis her denken. Mit anderen Worten, Arbeit in Deutschland muss ihren Mann ernähren und ihm die Möglichkeit geben, am Konsum teilzunehmen. Sonst nutzt sein Lohn zwar dem Unternehmen, nicht aber der Binnenwirtschaft und damit nicht dem Arbeitsmarkt.
Ob dieses Ziel nun über einen Mindestlohn erreicht wird oder über innerbetriebliche Vereinbarungen, ist egal. Hauptsache, das Ergebnis stimmt.