Umstrittene Beteiligung des Mönchengladbacher Versorgers Innogy soll „Sven“ von NEW übernehmen
Mönchengladbach. · NEW-Vorstand Frank Kindervatter präsentierte im Rat mit dem eigenen Gesellschafter Innogy einen Käufer für die Anteile an dem Elektroauto. Das Risiko bleibt aber beim Versorger.
Die Eile war in den vergangenen Tagen offenbar groß gewesen. Und erst am Mittwochmorgen war die Zustimmung des Innogy-Vorstandes eingetroffen: Wie NEW-Chef Frank Kindervatter im Rat am Mittwochabend mitteilte, habe Energie-Konzern Innogy (früher Teil von RWE) zugesagt, die umstrittene Beteiligung der NEW am Elektroauto „Sven“ für 2,5 Millionen Euro zu übernehmen. Damit würde der Versorger das Investment in voller Höhe zurückbekommen, mit einem Haken: Bis 30. Juni 2021 solle Innogy versuchen, die Geschäftsanteile mit Gewinn zu verkaufen. Gelingt das, steht dieses Plus der NEW zu. Wenn nicht, muss der Versorger aber auch die Verluste übernehmen. Am Mittwochmittag informierte Kindervatter Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners über diese Option.
Reiners hatte neben Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Heinsbergs Landrat Stephan Pusch im September von Kindervatter verlangt, die Beteiligung bis zur Ratssitzung zu verkaufen oder einen Zeitplan zum Verkauf vorzulegen. Die Bezirksregierung hatte zuvor seit November 2018 mehrmals die Rückabwicklung dieser Beteiligung verlangt, weil sie ohne Ratsbeschluss und Beteiligung der Kommunalaufsicht zustande gekommen war – was die Gemeindeordnung aber vorschreibt.
Kindervatter skizzierte eine Alternative zum Verkauf an Innogy: Die FEV GmbH, der die Mehrheit an der Share2Drive GmbH gehört (das ist der „Sven“-Entwickler), könnte die NEW-Anteile mit übernehmen. Die noch vorhandene Rücklage in Höhe von 1,6 Millionen Euro würde an beide Gesellschafter ausgezahlt, also 800 000 Euro an die NEW. Damit bliebe aber ein Verlust von 1,7 Millionen Euro beim Gladbacher Versorger. Kindervatter sagte, er wolle dem NEW-Aufsichtsrat in der Sitzung am Donnerstag, 12. Dezember, die Innogy-Lösung vorschlagen und sagte überdies, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholen werde. Auch NEW-Aufsichtsratschef und CDU-Politiker Hans Peter Schlegelmilch favorisiert diese Lösung, wie er im Rat bekannte. Je nach Zeitplan könnte die Beteiligung dann zwischen Ende Januar und Ende März abgestoßen sein. Die Stadt muss diesen Vorschlag bis Jahresende der Bezirksregierung mitteilen. Dort läuft noch das kommunalaufsichtliche Verfahren.
Die Opposition im Rat kritisierte diese Innogy-Lösung, das Risiko bleibe bestehen. „Die Frage ist, welcher Schaden entstanden ist durch eine Entscheidung, die durch ein rechtlich zu hinterfragendes Verhalten im Aufsichtsrat zustande gekommen ist“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Karl Sasserath. Dabei gehe es auch um persönliche Verantwortung der Aufsichtsräte. FDP-Fraktionschefin Nicole Finger sagte, offenbar finde man niemand anderen, „der das Risiko abnimmt. Sie präsentieren nur Partner nach dem Motto ,man kennt sich, man hilft sich’.“ Finger warf Schlegelmilch und SPD-Fraktionschef Felix Heinrichs, beide Mitglieder des NEW-Aufsichtsrates, vor, sie hätten die „Rechte des Rates mit Füßen getreten“ und forderte sie dazu auf, nicht erneut für den NEW-Aufsichtsrat zu kandidieren. Die beiden Groko-Fraktionschefs wehrten sich gegen die Vorwürfe: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt die Rechte des Rates mit Füßen getreten“, entgegnete Heinrichs. „Es ist unverschämt, dass Sie das auf eine derartige Eben bringen und versuchen, einen Keil in meine Fraktion zu treiben.“
Bei der geheimen Abstimmung über die Kandidaten für den NEW-Aufsichtsrat erhielt Heinrichs 19 Stimmen, 19 SPD-Ratsmitglieder waren anwesend. Schlegelmilch erhielt 24 Stimmen, es waren 28 CDU-Politiker im Rat – mehrere davon müssen ihm demnach die Stimme verweigert haben. Es gab drei Enthaltungen, Nicole Finger erhielt 16 Stimmen. Schlegelmilch und Heinrichs wurden damit wieder gewählt.