NRW Spielerisch das Kunstturnen kennenlernen
Vorst (bt). Sechs Paar Mädchenbeine drücken sich fest auf den weichen Läufer, während die Trainerin vom Turnteam des TV Vorst 1878 die Runde macht und schaut, ob es überall klappt. „Die Knie müssen so fest am Boden sein, dass kein Finger zwischen Knie und Matte passt“, erklärt Susanne Maurer.
Dann folgt das Strecken der Arme nach oben, wobei die Arme hinter den Ohren sind. „Schön gerade sitzen. Ihr macht das alle prima“, lobt die Trainerin. Dann geht es mit der nächsten Übung in Sachen Beweglichkeit weiter.
In der Hans-Hümsch-Halle ist ein ganz besonderes Training gestartet. Mädchen zwischen vier und sechs Jahren können im Rahmen eines jeweils einwöchigen Sommer-Turncamps in das Kunstturnen hineinschnuppern und das auf eine besondere Art. Das Turncamp erfolgt nach dem Altersklassen (AK)-Programm. Es handelt sich dabei um eine offizielle olympische Fördermaßnahme.
„Es ist eine eigens entwickelte Rahmenkonzeption für das Kunstturnen. Es wird nach festen Trainingsstandards in der entsprechenden Altersklasse trainiert. Ziel ist es, talentierte Mädchen für die zweimal im Jahr stattfindenden Tests für die Landes- und Bundeskader vorzubereiten. Ein erster Schritt auf dem Weg zu Olympia“, informiert Maurer, die gemeinsam mit Christine Matosek die Kunstturnerinnen trainiert. Mit dem AK-Programm spricht das Turnteam des Vereins Mädchen an, die sich gerne bewegen, Spaß am Turnen haben und nicht ängstlich sind, denn schließlich fliegt man beim Kunstturnen mittels seiner eigenen Körperkraft durch die Luft. Mit dem Sommer-Turncamp können sie feststellen, ob der Leistungssport auf diesem Niveau etwas für sie ist. Wer das AK-Programm nach den Schnupperstunden fortsetzen möchte, muss sich klar sein, dass es sich um ein umfangreiches Trainingsprogramm handelt, das von Kindern, deren Eltern und den Trainers einiges abverlangt. „Leistungssport ist eine Teamleistung. Nur wenn jeder mit dem nötigen Ernst dahinter steht, kann es funktionieren“, sagt Maurer.
Schon im AK 6 stehen pro Woche zwei Trainingseinheiten von jeweils zwei Stunden an. Mit höherer AK steigert sich dies. „Wir sind aber keine Drillbude. Bei uns herrscht eine schöne Stimmung mit dem Hauptaugenmerk auf dem Kind“, betont Maurer. Sie bezeichnet Vorst als einen kleinen Stützpunkt, der im guten Mittelfeld liege. Kunstturnen besteht zu einem Viertel aus Kraftarbeit und Beweglichkeit. Der Rest verteilt sich auf Barren-, Balken-, Sprung- und Bodenarbeit.
Bei den Sommer-Turncamp-Teilnehmerinnen sind indes Fallübungen angesagt. Denn das richtige Fallen ist ein wichtiger Aspekt beim Kunstturnen. „Der Stufenbarren ist toll. Das möchte ich auch so können“, bemerkt die fünfjährige Emike, die zwischendurch die Übungen von Anny am Reck beobachtet. Die Neunjährige trainiert seit vier Jahren im AK Programm und gehört mittlerweile zum Landeskader. „Beim Kunstturnen kann ich mich sportlich austoben und alles vergessen, was mich geärgert hat. Mir macht es unendlich viel Spaß“, bemerkt Anny, bevor sie an die nächsten Übungen geht. „Wenn ich jünger wäre, würde ich auch mit dem Kunstturnen anfangen. Ein toller Sport. Ich bin begeistert und meine Tochter, die sehr agil und hibbelig ist, auch“, sagt Nicole Frikus, deren fünfjährige Tochter Camp-Teilnehmerin ist und mit sichtlicher Freude mitmacht. Ob es nach den Sommerferien das AK–Programm wird oder mit dem Leistungsturnen weitergeht ohne das Zie, Kadermitglied zu werden, das steht für alle jungen Sommercamp-Teilnehmerinnen in den Sternen. Aber eins steht fest: der Kunstturn-Virus hat sie alle erwischt.