Politik Karten neu gemischt
Meinung | Krefeld · Sie haben sich den Abschied nicht leicht gemacht: Die letzte Sitzung des Stadtrats vor der Wahl dauerte sechseinhalb Stunden. Mehr als 60 Tagesordnungspunkte galt es noch einmal abzuarbeiten. Wichtige Personalien waren dabei: Die Wahl zweier neuer Beigeordneter ebenso wie die Wahl eines Stadtdirektors.
Relevante Projekte für die Stadt, wie das Interkommunale Gewerbegebiet und das Stadtbad Neusser Straße – beides seit Jahren diskutiert – sollten doch noch auf den Weg gebracht werden.
Es gab sachliche, aber auch leidenschaftliche Diskussionen. Deutlich wurde dabei, dass die eigentlich jahrelang konstruktive Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU auf den letzten Metern einen merklichen Schaden genommen hat. Einige gemeinsame Erfolge können die beiden Parteien für sich verbuchen, allen voran steht der Haushalt der Stadt, der im April von der Bezirksregierung genehmigt wurde. Doch die Verletzungen nach den Personaldebatten und -querelen der vergangenen Wochen haben Spuren hinterlassen.
Rückblende: Seit einem halben Jahr ist die Position eines Beigeordneten für Soziales, Umwelt und Gesundheit vakant gewesen. Just kurz vor der Wahl, im August, endete zudem die Amtszeit von Stadtdirektorin Beate Zielke. Ob es Absprachen zwischen SPD und CDU gab, Zielke wiederzuwählen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Fakt ist: Zielke, auf CDU-Vorschlag im Amt, wird überraschend mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken abgewählt. Die CDU wird kalt erwischt, ist empört. Zwei relevante Posten sind nun kurz vor der Wahl vakant. Schnell wird durchgestochen, dass für die Position Soziales, Umwelt und Gesundheit eine „grüne“ Kandidatin im Rennen ist. Von Absprachen zwischen SPD und Grünen ist die Rede. Vorzeichen einer neuen Konstellation nach der Wahl? Das Tischtuch zwischen SPD und CDU scheint zerschnitten.
So erklärt sich, warum CDU und FDP die Wahl der beiden neuen Beigeordneten und die Wahl des Beigeordneten Markus Schön (SPD) zum neuen Stadtdirektor verschieben und dies dem neuen Rat überlassen wollten. Neben Sabine Lauxen auf Vorschlag der Grünen stand die parteilose Cigdem Bern auf Vorschlag der SPD zur Wahl als Beigeordnete für Innere Verwaltung, Bürgerservice und Feuerwehr. Von Vetternwirtschaft war die Rede, davon, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine der dann zu wählenden Kandidatinnen Stadtdirektorin werden könnte. Andererseits: Es ist nicht überraschend, dass sich ein Chef einen Vertrauten zum Stellvertreter wählt, sich also ein SPD-Oberbürgermeister einen vertrauten Stellvertreter aus der Partei aussucht. Das hat die CDU in Krefeld jahrelang auch nicht anders gemacht.
Dass dennoch wichtige Projekte wie das Gewerbegebiet und das Stadtbad gemeinsam beschlossen werden konnten, ist gut für die Stadt. Die politische Kultur indes hat Schaden genommen. Nach der Wahl werden die Karten neu gemischt. Aber auch dann muss gelten: Das Wohl der Stadt steht über parteipolitischem Kalkül.