Freundschaft ohne Klassengefälle
FC-Profi Marcel Risse und Kreisligaspieler Stephan Machill verstehen sich nicht nur bestens, wenn es um Sport geht.
Burscheid. An diesem Wochenende müssen sie beide auswärts ran. Der eine fährt am Sonntag nach Radevormwald. Der andere war am Freitag Abend schon in Hamburg gefordert. Der eine kickt in der Fußball-Kreisliga A. Der andere ist Mittelfeldspieler in der Zweiten Bundesliga. Gestört hat sie der Leistungsunterschied noch nie. Dafür sind Stephan Machill und Marcel Risse einfach zu lange befreundet.
Auf der Internetseite der Hilgener Fußballer schreibt Machill zu seinem Lieblingsverein: „Köln — und wo Marcel Risse spielt“. Seit dieser Saison ist beides identisch. Der gebürtige Kölner Risse ist vor Saisonbeginn vom FSV Mainz zum Traditionsclub seiner Heimatstadt gewechselt. Und die beiden Freunde haben es bei Besuchen jetzt nicht mehr so weit, auch wenn Machill sagt: „Ich bin auch regelmäßig alle paar Monate nach Nürnberg oder Mainz gefahren.“
Zehn Jahre kennen sie sich jetzt schon. Damals war Risse 14 Jahre alt und längst von Bayer Leverkusen entdeckt. Und der drei Jahre ältere Machill trat noch für den BV Burscheid gegen den Ball. Erst später, als Hilgen 2005 in die Landesliga aufstieg, wechselte er aus sportlichen Gründen zur TGH. „Marcel war eigentlich erst ein Kumpel von meinem Bruder Michael und wir haben uns dann bei einer Feier zum Tanz in den Mai kennengelernt“, erzählt der Burscheider. Und schnell war klar: Das passt.
Dominik Hrenek vom BV Burscheid ergänzt das Fußballerduo noch zum Freundestrio. Seine beiden Burscheider Freunde trägt Risse inzwischen symbolisch immer bei sich, als Kürzel verewigt in seinem Handgelenks-Tattoo.
Risse und Hrenek sind auch im Mai 2011 bei der Las-Vegas-Reise dabei, als Stephan Machill vor der berühmten Lightshow an den Wasserfontänen des Bellagio-Kasinos auf die Knie geht und seiner Freundin Tina den Verlobungsantrag macht. „Die Jungs haben das gefilmt und danach war kein Halten mehr.“ Dass der Bundesligaprofi dann im Juni dieses Jahres in der Lambertsmühle auch Trauzeuge ist, als Altbürgermeister Hans Dieter Kahrl die beiden schließlich vermählt — fast schon Ehrensache.
Es ist also eine denkbar enge Freundschaft, die Risse und Machill verbindet. Mehrmals wöchentlich telefonieren sie, die SMS vor jedem Spiel mit guten Wünschen ist obligatorisch. „Und nachher reden wir auch viel über das Spiel“, sagt Machill. Es sei denn, es lief nicht so gut und die Nachfragen würden eine Schwelle überschreiten. „Dann sprechen wir auch mal gar nicht über Fußball.“
Dabei ist das Interesse keine Einbahnstraße. Risse, der auch mal eine kurze Zeit in Hilgen gewohnt hat, lässt sich immer wieder auf der Kuno-Hendrichs-Sportanlage blicken. „Als er noch keine Freundin hatte, hat er fast jedes Heimspiel von uns geguckt.“ Klar, wenn Machill dann einen Elfer verschießt, wird nachher gefrotzelt. Aber das gilt umgekehrt auch.
Und das Geld — gibt es da nicht ein Ungleichgewicht zwischen dem Fußballprofi und dem Burscheider Feuerwehrmann, der inzwischen sein Geld als Brandschutzingenieur verdient? Dazu sei sein Freund viel zu bodenständig und familiengebunden, sagt Machill. „Er geht mit Geld sehr bewusst um.“ Ihn da weiterhin zu erden, sei eine Hauptaufgabe von Familie und Freunden. Wer von beiden in der Kneipe den Deckel oder im Kino die Karten bezahlt, ist darum keineswegs von vornherein ausgemacht.
Überhaupt ist für einen neidischen Blick auf die sportliche Karriere von Marcel Risse kein Platz. „Als er in Mainz ein Dreivierteljahr verletzt war, habe ich erlebt, wie das an den Nerven zerrt. Die Profis stehen extrem unter Druck, immer ihre Leistung abrufen zu müssen, sonst sind sie raus.“ Diese Existenzangst, wenn plötzlich gar nichts mehr klappt — Machill winkt ab: „Da würde ich nicht tauschen wollen.“
Lieber am Saisonende gemeinsam den Aufstieg feiern, am besten im Doppelpack. Dann wäre Marcel Risse in die Erste Bundesliga zurückgekehrt — und Stephan Machill in die Bezirksliga.