Köln Amphi-Festival: Schwarze Szene feiert sich bunt in Köln
Die Veranstaltung findet zum zehnten Mal am Tanzbrunnen statt. Viele der 12 000 Besucher investieren viel Zeit in ihr ausgefallenes Outfit.
Köln. Wer beim Amphi-Festival am vergangenen Wochenende die Besucher nach ihren Kostümen fragt, erntet kritische Blicke. „Das sind keine Kostüme, sondern unsere Outfits, unser Look. Wir feiern hier keinen Karneval“, sagt Marco, der in einer schwarz glänzenden Fantasieuniform unterwegs ist. Im normalen Leben arbeitet der 31-Jährige aus der Nähe von Koblenz als Unternehmensberater im Anzug.
Schwarz dominiert bei der Kleidung der Besucher am Kölner Tanzbrunnen, aber auch ein grelles Rot, Neongrün oder ganz einfach Weiß findet sich bei den Outfits. „Es gibt keinen Dresscode oder irgendwelche Vorschriften. Jeder macht das, was ihm gefällt“, erklärt Marco die manchmal etwas bunte Welt der schwarzen Szene. Auch musikalisch gibt es viele Facetten wie Gothic, Dark Wave oder Cyber Punk.
In einem weißen Brautkleid ist Selena (36) aus Bonn unterwegs: „Weiß ist eine gute Farbe, wenn man hier auffallen möchte. Ich habe das Kleid aber gefärbt, so dass es einen leichten Grünton hat. Ein Brautkleid ist ein Mädchentraum, auch wenn ich so nie vor den Traualtar treten würde“, sagt die Lehrerin. Zum edlen Kleid trägt sie echten Silberschmuck. „Beim Festival steht für mich die Musik im Mittelpunkt. Ich mag aber auch die Szene, die sich hier trifft, und die Tatsache, dass man hier nicht das typische Zelt- und Matschambiente anderer Festivals hat.“
Normalerweise arbeitet Andrea als Physiotherapeutin in einem Beruf, in dem man weiße Kleidung trägt. Zum Amphi ist sie dagegen passend in Schwarz unterwegs. Zum Outfit gehört auch Oscar, ein Totenkopf, den sie auf einer Halloweenparty in den Niederlanden erstanden hat. „Es gibt auch noch zu Hause mein Skelett Hugo Egon“, verrät die 45-Jährige aus Essen. Jedes Jahr kommt sie in einem neuen Outfit nach Köln. „Ich habe dafür einen eigenen Schrank, manche Sachen wie Petticoats brauchen halt viel Platz.“
Viel Zeit investiert Carolin aus Brühl für das Festival: „Fürs Schminken brauche ich etwa eine Stunde, bis der Rest sitzt, dauert es noch mal ebenso lang. Die Sachen sind teils selbst gemacht oder als Einzelteil gekauft und dann neu zusammengestellt. Bei mir braucht das etwa zwei Meter im Kleiderschrank“, sagt Carolin. Die Sachen trägt sie nur zu Partys und Festivals. „Ansonsten arbeite ich in einem Hotel im Housekeeping. Da ist Businesslook gefragt.“
Das Gleiche gilt auch für die Gold- und Silberschmiedin Laura und ihren Freund Jano. „Wenn man uns im Alltag sieht, erkennt man uns nicht wieder. In anderthalb Stunden verwandle ich mich komplett. Das Outfit entsteht aus vielen Dingen, die ich entsprechend anpasse. Anregungen dazu finde ich bei anderen Festivalgästen, in Filmen, Computerspielen oder in Romanen.“ Jano hat seine Zimmermannskleidung umgearbeitet, dazu trägt der Handwerker einen Stock, der aus einem Wasserhahn und einem Billardqueue zusammengesetzt ist.
Drei bis vier Wochen hat Linda (21) aus Hildesheim in ihren Kopfschmuck investiert, der fast einen halben Meter hoch ist und aus mehr als 50 Pfauenfedern besteht. „So was habe ich bei anderen Besuchern beim Amphi gesehen, aber zum Kaufen war es mir viel zu teuer und so habe ich mit dem Basteln begonnen“, sagt die angehende Floristin, die insgesamt zweieinhalb Stunden in ihre sehr aufwendige Verwandlung investiert. „Wenn die Leute mich bewundern, loben und fotografieren, ist das der Lohn für die viele Arbeit.“
Bei Uri aus Regensburg war es eine Kölner Künstlerin, die seinen Kopfschmuck speziell für ihn entworfen hat. Auch sein Oberteil hat er sich extra für das Amphi maßschneidern lassen. „Ich liebe dieses Festival mit dem Blick zum Dom und dem tollen Strand, dafür braucht es auch ein besonderes Outfit“, sagt der 28-jährige Biologiestudent.
Nicht ganz billig sind die Klamotten, die Yannic und Celine tragen. „Mit den Schuhen und der Hose komme ich locker auf 500 Euro. Aber ich trage die Sachen auch im Alltag und die Stiefel halten schon drei oder vier Jahre“, sagt der Mechatroniker mit Blick auf sein massives Schuhwerk. „Das ist für uns wie Urlaub, man trifft Freunde und hört die Musik, die einem gefällt“, erklärt die angehende MTA, was für sie den Reiz des Amphi-Festivals ausmacht. Während sie gut zwei Stunden für die Verwandlung braucht, reichen ihm zehn oder 20 Minuten.