Rundgang Ein Besuch bei den „Betonkirchen“

Köln · Für seine Romanischen Kirchen und den mächtigen Dom ist Köln weltberühmt. Doch die Stadt hat bei ihren Gotteshäusern noch weit mehr zu bieten. Das gilt insbesondere für die modernen „Betonkirchen“ aus dem 20. Jahrhundert.

Die Kirche Hl. Johannes XXIII. an der Berrenrather Straße wirkt wie ein Gebirge aus Beton.

Foto: step/Eppinger

Wir haben uns bei einem Stadtspaziergang auf die Suche nach diesen architektonischen Schätzen gemacht.

Zunächst geht es mit der Linie 3 zum Görlinger Zentrum in Mengenich. Dort wirkt die Ende der 60er Jahre erbaute Kirche Christi Geburt wie ein riesengroßes, gefaltetes Origami-Papierkunstwerk. Und das ist nicht ihre einzige Besonderheit, denn den Namen Christi Geburt gibt es hierzulande nur für dieses Gotteshaus. Gebaut wurde dieses nach den Entwürfen des Hamburger Architekten Eduard Frieling. Um die katholische Kirche siedeln sich ein Pfarrhaus, ein Kindergarten, eine Seniorentagesstätte, ein Pfarrheim und eine Pfarrbücherei an, die zusammen ein harmonisches Gebäudeensemble ergeben.

Weiter geht es nun mit der Bahn nach Bickendorf. Dort befindet sich am Weißdornweg die denkmalgeschützte Kirche St. Dreikönigen. Sie wurde 1928 nach den Plänen der Architekten Hans Peter Fischer und Heinrich Forthmann im expressionistischen Stil erbaut und befindet sich in der ebenfalls in dieser Zeit entstandenen Rosenhofsiedlung. Weiß verputzte Kuben stapeln sich in die Höhe und werden vom schmalen Turm noch einmal überragt. Die spitz zulaufenden Fenster und Torbögen weisen zum Himmel.

Nur ein paar Fußminuten weiter liegt am Erlenweg ein Gotteshaus, das der Betrachter erst auf den zweiten Blick als Kirche erkennt. Die evangelische Ephiphaniaskirche wurde vom Architekten Paul Olpp im Designstil der 60er Jahre erschaffen. 50 Jahre nach der Einweihung wurde das Gotteshaus erweitert und nach den Plänen des Architekturbüros Lepel & Lepel neu gestaltet. Neues wurde mit Altem kombiniert und in eine harmonische Balance gebracht. Imposant ist vor allem die große Glasfront, die einen lichtdurchfluteten Raum schafft. Dahinter liegt die ursprüngliche Fassade. Der Glockenturm wurde erst 2015 hinzugefügt – Olpp hatte in diesen 60ern schon geplant, ihn dann aber wegen des Geldmangels nicht realisieren können.

St. Gertrud an der Krefelder Straße reiht sich unweit des Hansarings in die Front der Reihenhäuser ein und sticht mit ihrem Baustil doch deutlich heraus. Seit mehr als 50 Jahren ragt diese Betonkirche mit ihren Türmen mächtig aus dem Boden und erstaunt den Betrachter. Ihren Namen verdankt die katholische Kirche einer Äbtissin aus dem 7. Jahrhundert. Die Entwürfe dieser beeindruckenden Betonskulptur stammen vom berühmten Architekten Gottfried Böhm.

Nicht weit von den Ringen entfernt, liegt die Kirche Neu St. Alban. Über einen Durchgang an der Gilbachstraße 25 gelangt man zum Gotteshaus, das direkt am Rand des Stadtgartens liegt und das ziemlich überraschend von dem Besucher auftaucht. Im vom namhaften Architekten Hans Schilling entworfenen Gebäude wurden 400.000 Steine des abgerissenen Opernhauses am Ring einer neuen Bestimmung zugeführt. Seit 1958 ist sie der Nachfolgebau der im Krieg massiv zerstörten Kirche St. Alban am Quatermarkt.

Einen echten Wow-Effekt erzeugt auch die nächste Kirche Christi Auferstehung, die wie eine mächtige Gottesburg am Kopfende des Clarenbach-Kanals wirkt. Zu ihr gelangt man von der Aachener Straße auf Höhe von Melaten über die Brucknerstraße. Auch hier war Gottfried Böhm der Architekt, der Ende der 60er Jahre eine imposante architektonische Skulptur geschaffen hat. Eine Freitreppe führt zum Gotteshaus mit seinen verschiedenen Formen, Windungen und Kanten, die Rundes mit Eckigem verbinden. Je nach Standort verändert sich das Erscheinungsbild immer wieder. Der Innenraum wirkt wie eine große Höhle, die den Gottesdienstbesuchern Schutz bietet.

Von der Stadtbahn-Station Maarweg geht es nun entlang der Braunstraße zur Kirche St. Joseph in Braunsfeld. Der Ursprungsbau aus dem 19. Jahrhundert, in dem der spätere Kardinal Frings von 1924 bis 1937 Pfarrer war, wurde 1944 komplett zerstört. Das heutige Gotteshaus mit dem markanten Glockenturm aus Beton und dem spannenden Innenraum mit seinen bunten, großen Glasfenstern entstand in den 50er Jahren nach den Plänen von Rudolf Schwarz und Josef Bernard. Wegen der ungewohnten Fensterlinien hat die Kirche in den ersten Jahren den Spitznamen „Sankt Zickzack“ bekommen.

Die letzte Station des Stadtspaziergangs führt zur Kirche Hl. Johannes XXIII. an der Berrenrather Straße unweit der Kölner Uni. Geplant wurde das Gebäudeensemble der Katholischen Hochschulgemeinde in den 60er Jahren. Die Kirchenpläne sorgten in der wilden 68er-Zeit für kontroverse Diskussionen. Der Studentenpfarrer Wilhelm Nyssen fand mit seiner Idee „Architekt plus Bildhauer gleich Kirchenskulptur“ die Lösung. Entsprechend wirkt das vom Bildhauer Josef Rikus und dem Architekten Heinz Buchmann entworfene Gebäude wie ein riesiger Betonirrgarten. Doch den Studenten gefiel ihre Kirche, die dem Papst Johannes XXIII. geweiht ist und zu der auch ein Studentenwohnheim und ein Gemeinschaftshaus gehören.

 

Buchtipp: Monika Schmitz, 111 Kölner Kirchen, die man gesehen haben muss, Emons Verlag, 240 Seiten, 16.95 Euro