Kultur Köln-Buch-Tipp: Eine Stadt als Feldherr am Rhein
Köln · Wenn man in Köln an Militär und Soldaten denkt, kommen direkt die Roten Funken als Persiflage auf die kölschen Stadtsoldaten in den Sinn. Friedlich und fröhlich mit einem Strüßje in der Knabüs und in der typischen rot-weißen Uniform – so hat man am Rhein die jecke Kriegsführung im Kopf.
Köln präsentiert sich heute gerne als friedliche Stadt und beruft sich dabei auf eine lange Tradition.
Das war aber nur bedingt so – die Kölner waren zwar seit 1288 bzw. 1475 nicht mehr an großen Kampfhandlungen maßgeblich beteiligt und die militärische Option blieb für die Entscheidungsträger der Stadt je später, desto mehr die zweite Wahl, aber trotzdem wurden über viele Jahrhunderte hinweg große Teile des städtischen Haushalts auch in Köln für Verteidigungszwecke ausgegeben.
Auch die Kölner Stadtsoldaten wurden in ihrem Ursprung nicht als Karnevalstruppe gegründet, sondern hatten eine durchaus miltärische, ernstzunehmende Funktion, auch wenn ihnen die großen Einsätze häufig erspart blieben. Militärische Fragestellungen und Probleme beschäftigten die Stadt und ihre Institutionen ständig auch unabhängig davon, ob gerade ein konkreter Krieg drohte oder nicht.
Die seit 1180 ausgebauten Festungsanlagen boten zwar lange Schutz, absorbierten aber auch große Teile des militärischen und wirtschaftlichen Potenzials der Stadt und waren schließlich nur noch mithilfe von Verbündeten zu verteidigen. Trotzdem gelang es die Unabhängigkeit Kölns bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu verteidigen, auch durch den klug dosierten Einsatz des Stadtmilitärs und der Bürgerwehr.
In seiner Studie untersucht der Historiker Max Plassmann die Kriegsführung Kölns zwischen dem 12. und dem 18. Jahrhundert und liefert so eine der sehr rar gestreuten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema. Der Beginn des Zeitraums fällt in die Zeit, in der sich eine selbst verwaltende Bürgergemeinde in der Stadt gebildet hatte, die die Herrschaft des Erzbischofs als Stadtherr erfolgreich abschütteln konnte. Hier war 1288 die Schlacht bei Worringen ein ganz entscheidendes Ereignis.
Die politische Unabhängigkeit der Stadt musste behauptet werden
Das Ende des untersuchten Zeitraums wird mit dem Beginn der französischen Besatzung im Jahr 1794 markiert. Gerade in der Kölner Vormoderne ab 1500 war die politische Unabhängigkeit in einer kriegerischen Zeit ohne militärische Handlungsfähigkeit weder zu haben noch zu behaupten.
Es ging dem Autor nicht um eine umfassende Militärgeschichte Kölns, sondern um die Kölner Sicht und um Fragen wie und auf welcher Basis Köln Kriege führte, welche Faktoren die militärischen Entscheidungen der Stadt leiteten und welche Strategien die Bürgermeister und der Rat als politisch führende Elite verfolgten.
Immer wieder betrafen militärische Auseinandersetzungen Köln direkt oder auch indirekt. Immer wieder beteiligte sich Köln als Gesamtheit oder auch nur als Gruppe in der Bürgerschaft daran. Das lag auch daran, dass Köln heute wie früher ein zentraler Verkehrsknotenpunkt ist. Auch der Kampf der Unabhängigkeit vom Erzbischof war ein steter Faktor in Köln. Dafür brauchte es vor allem ab dem 15. Jahrhundert immer wieder neue Verbündete und kluge Strategien.
Dennoch war das städtisch, eher defensive Modell wie es in Köln bestimmend war ein anderes als das eines Fürstentums mit einem großen Landgebiet. Allerdings darf die Tatsache, dass Köln seit dem beginnenden 13. Jahrhundert so gut wie nie ernsthaft angegriffen wurde und dass die Kölner Truppen nur höchst selten außerhalb der Stadt in großer Zahl agierten, nicht zu dem Schluss verleiten, dass Kriegsführung und ihre Vorbereitung nicht eine wesentliche Rolle in der Geschichte der Stadt spielten.
Max Plassmann: Eine Stadt als Feldherr – Studien zur Kriegsführung Kölns, Böhlau Verlag, 295 Seiten, 39 Euro