Preußenjahr: Klettern am Bismarck
Die Fachhochschule Köln und das Kölnische Stadtmuseum stellen Architekturprojekte vor.
Köln. Nur wenige bemerken in Bayenthal noch die alte Bismarck-Säule am Rheinufer. Verdeckt von großen Bäumen fristet das Denkmal eher ein Schattendasein — und was die Bedeutung des preußischen Kanzlers angeht, ist es zumindest bei der jüngeren Generation heute nicht mehr all zu gut bestellt.
Im Preußenjahr 2015 hat ein studentisches Architekturprojekt der Fachhochschule Köln unter Leitung von Professor Paul Böhm und Chris Schroeer-Heiermann verschiedene Ideen entwickelt, um herauszufinden, was aus der Bismarck-Säule am Bayenthaler Rheinufer werden könnte: Steinbruch, Gedenkhalle, Kunstraum oder Büdchen? Trockenturm der Feuerwehr oder Kletteranlage des Alpenvereins, Sektion Köln?
Reichskanzler Bismarck steht seit Jahren im Gebüsch: übersehen, begrünt und verloren. Ende des 19. Jahrhunderts haben patriotische Kölner den Turm mit einem sitzenden Ritter Roland und dem Porträt des Reichskanzlers errichtet und in jährlichem Rhythmus ihre Feiern zelebriert: an Bismarcks Geburtstag, am Sedantag in Erinnerung an den Sieg über die Franzosen oder in germanischer Tradition zur Sommersonnenwende. Dabei kam auch die Feuerschale oben am Denkmal zum Einsatz. Architekt des Kölner Turms mit dem Namen „Wacht am Rhein“ war Arnold Hartmann, Hauptsponsor der Schokoladenfabrikant Heinrich Stollwerck, der nebenan seine „Bismarckburg“ genannte Villa besaß.
Die Bismarck-Säule ist nicht der einzige Turm, der an den Reichskanzler erinnert. Hunderte wurden im ganzen Deutschen Reich errichtet, aber auch im Elsass, Kamerun, Chile oder Papua Neuguinea. Alle zur höheren Ehre Bismarcks, und die meisten stehen heute noch, davon 23 allein im Rheinland, unter anderem in Wiehl, Remscheid, Aachen, Viersen oder Essen — in Bonn sogar zwei. Es sind Landmarken der preußischen Geschichtspolitik und zugleich Kultstätten des nationalistischen Bürgertums, die wie Akupunkturnadeln das Rheinland markieren.
Bismarck-Verehrung gibt es heutzutage nicht mehr. Im Gegenteil, der „Eiserne Kanzler“ wird aus heutiger Perspektive kontrovers rezipiert. Aber was tun mit dem alten Turm am Rheinufer? Zweimal wurde er in den letzten Jahren für rund 330 000 Euro renoviert. Er steht unter Denkmalschutz und kann nicht abgerissen werden.
Aber reicht es, ihn hinter dichten Bäumen quasi zu verstecken? Die Ergebnisse des Architekturprojekts von Fachhochschule Köln und Kölnischen Stadtmuseum werden in der Sonderausstellung „Achtung Preußen! Beziehungsstatus: kompliziert. Köln 1815-2015“ präsentiert. „Ein Denkmal ist am besten geschützt, wenn es genutzt wird“, freut sich Professor Heinz Günter Horn, Vorsitzender des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz über die Kreativität der Studenten.
Zu sehen ist beispielsweise die Umgestaltung des Denkmals in eine Kletterhalle mit dazu gehöriger Gastronomie. Auch von außen kann der preußische Kanzler bestiegen werden. Dazu kommt eine große Terrasse mit Blick auf den Rhein.
Gleich mehrere Entwürfe greifen das Thema Gastronomie in Bayenthal auf, um die es zumindest am Rhein nicht gut bestellt ist. Ein Bistro als Veedelstreffpunkt inklusive mehrerer Aussichtsplattformen werden genauso angedacht wie die Kombination der alten Bismarck-Säule mit einem modernen, hellen Gebäude für ein Bistro und Restaurant, das sich wie ein Halbkreis um den Turm legt.
Auch die Umgestaltung des früheren „Wächters am Rhein“, der als Schutz gegen den „Erzfeind Frankreich“ gedacht war, in ein Mahnmal, das sich mit der kriegerischen deutschen Geschichte auseinandersetzt, findet sich in den sechs studentischen Entwürfen, die bis zum 25. Oktober im Rahmen der Sonderausstellung zu sehen sind.
Stadtmuseum: Die Sonderausstellung zum Preußenjahr läuft noch bis zum 25. Oktober.Das Stadtmuseum liegt an der Zeughaustraße 1 (Stadtbahnlinien 3, 4, 5, 16 und 18: Haltestelle Appellhofplatz).. Öffnungszeiten Dienstag 10-20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10-17 Uhr. Eintritt: fünf (ermäßigt drei) Euro.