Ausstellung Zusammen, dafür und dagegen
Köln · Mit der Ausstellung „zusammen dafür und dagegen“ konzentriert sich das Museum Ludwig auf Positionen zeitgenössischer Kunst in Japan und ihre historischen Vorläufer. Ein Ausgangspunkt ist dabei die Betrachtung der Japanischen Avantgarde der 1960er Jahre aus heutigen Perspektiven.
Auf welche Entwicklungen der Nachkriegszeit reagierten Künstler damals? Was motivierte ihre aufsehenerregenden öffentlichen Aktionen? Was bewegt das Künstlerkollektiv Chim Pom und den Künstler Koki Tanaka heute, und wie beziehen sie sich auf diese historische Strömung?
Leihgabe des Museum
M+ in Hongkong
Eine Leihgabe historischer Fotografien von Minoru Hirata ist Ausgangspunkt der siebten Ausstellung der Projektreihe „Hier und Jetzt“ im Museum Ludwig. Diese stammen aus der Sammlung des Museum M+ in Hongkong, mit dem das Museum Ludwig seit 2018 eine Museumspartnerschaft pflegt. „Durch die Leihgabe des M+ in Hongkong wird deutlich, dass ostasiatische Perspektiven bislang kaum in der Sammlung des Museum Ludwig vertreten sind“, sagt Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig.
Die Japanische Avantgarde der Nachkriegszeit entstand im Anschluss an die Besatzung der US-amerikanischen Armee (1945 bis 1952) und ist eng verknüpft mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neuorientierung Japans in dieser Zeit. Die Demokratisierung des Landes unter dem finanziellen und politischen Einfluss der USA ging mit einem großen ökonomischen Wachstum, sozialen Veränderungen und einer kulturellen Neuverortung einher. Wie eng die Bindung Japans an die USA war, zeigt sich in den beiden Sicherheitsverträgen von 1960 und 1970. Darin wurde unter anderem die Stationierung der US-amerikanischen Armee festgelegt, die vor allem bei Studenten und Gewerkschaften auf großen Protest stieß. Die Polizei reagierte hierauf mit heftiger Gewalt. Im gleichen Jahrzehnt bereitete sich Japan auf die Olympischen Spiele in Tokio 1964 und die Expo in Osaka 1970 vor, um das Land möglichst innovativ und attraktiv zu präsentieren.
Auf die gesellschaftlichen Veränderungen der 1960er-Jahre reagierten junge Künstler – unter anderem die Mitglieder der Kollektive Neo Dada, Hi Red Center und Zero Dimension – mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten in Großstädten wie Tokio, Nagoya und Kyoto. In ihren provokanten Aktionen manifestierte sich der Protest an historisch gewachsenen Problemen, denn die Folgen des Krieges waren weitreichend: die Stationierung der US-amerikanischen Armee in Japan, Benachteiligungen gegenüber Migranten und die Ungerechtigkeiten der Klassengesellschaft. Die Künstler brachten diese Missstände ans Licht und setzten sich für eine Demokratisierung ein. Die historischen Fotografien aus dem M+ dokumentieren die Aktionen und Performances verschiedener Künstler-Kollektive der 1960er Jahre.
Zwei zeitgenössische Positionen sind diesen gegenübergestellt. Einerseits wird das 2005 in Tokio gegründete, sechsköpfige Künstlerkollektiv Chim Pom auf humorvolle Weise intervenieren. Ihre Aktionen finden oft außerhalb institutioneller Einrichtungen statt. In ihren ironisch-radikalen Aktivitäten nehmen die sechs Künstler Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen und üben Kritik an der Tabuisierung von den Gefahren der Kernkraft, Armut und anderen gesellschaftlichen Missverhältnissen in Japan. Unter dem Titel „Double Stories of Museum Ludwig“ entwickelt das Kollektiv in Köln eine mehrteilige Arbeit, die verschiedene Austauschprozesse zwischen Innen- und Außenraum ermöglicht. Spontan angefragte Straßenmusiker geben im Museum Ludwig ein Konzert. Die Motive aus Hans Haackes „Der Pralinenmeister“ (1981) aus der Sammlung des Museum Ludwig finden sich auf Verpackungen türkischer Süßigkeiten in der Feinkonditorei Hasan Özdağ auf der Keupstraße in Mülheim wieder. Auch werden fünf Fußballspielerinnen der Frauenmannschaft des 1. FC Köln Ballabdrücke im Ausstellungsraum hinterlassen.