Phantome statt Hilfe in den Branchenbüchern

Die Adressen sind zum Teil so veraltet, dass mancher Kunde vor längst verschlossenen Türen landet.

Burscheid. Rosemarie Erdmann ist Zahnärztin. Und wenn sie wollte, könnte sie auch mit ihren 81Jahren noch so manchem Patienten einen kariös befallenen Zahn aufbohren. "Die Leute rufen immer noch häufig bei mir an, wenn sie Schmerzen haben. Manche werden sogar böse, wenn ich ihnen erkläre, dass meine Praxis schon seit 20 Jahren geschlossen ist und ich ihnen nicht mehr helfen kann."

Dass die Praxis von Rosemarie Erdmann geschlossen ist, kann nicht jeder wissen. Im Gegenteil: Für die betagte Ärztin wird seit Jahrzehnten noch kräftig Werbung gemacht. Im aktuellen kommunalen Branchenbuch "Stadt Burscheid Ausgabe 2007/08" beispielsweise ist sie als Einzige im Eintrag "Zahnarzt für Kieferorthopädie" vertreten. "Dabei bin ich gar keine Zahnärztin für Kieferorthopädie. Ich habe lediglich eine entsprechende Zusatzausbildung", kommentiert sie, als wäre die falsche Berufsbezeichnung das Problem, nicht aber der Eintrag selbst. Tatsächlich ist Rosemarie Erdmann auch im Telefonbuch als Zahnärztin im Ärzteverzeichnis eingetragen - und in den "Gelbe Seiten".

Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sie auch heute noch Bewerbungen zur Ausbildung als Zahnarzthelferin erhält. Die kommen sogar von jungen Frauen, die gerade mal fünf Minuten von ihr entfernt wohnen. "Die würde ich natürlich nicht nehmen, wenn sie ihr Schreiben noch nicht mal persönlich vorbeibringen können. Dann würden sie nämlich merken, dass es kein Praxisschild mehr an meiner Adresse gibt", meint die 81-Jährige.

Ähnlich ergeht es Elli Heiden. "Manchmal bekomme ich zwei- bis dreimal die Woche Anrufe", schmunzelt sie über den Eintrag in dem Branchenbuch. Doch seit 22 Jahren gibt es an der Hauptstraße23 keine Molkereiprodukte mehr. Vielmehr, und das steht ebenfalls in dem kostenlosen Heftchen, findet sich dort längst der "Burscheider Grill". Und hier ist die 77-Jährige auch noch jeden Tag anzutreffen - als Gast zum Mittagessen.

Und so richtig ärgern kann sich Elli Heiden auch nicht darüber, dass ihr Mann Walter in dem Heft noch als Inhaber des nicht mehr existierenden Molkereigeschäfts geführt wird, obwohl er schon 20 Jahre tot ist. "Dann denken wenigstens alle, dass noch ein Mann im Hause ist." Übrigens: Entsprechende Einträge gibt es auch hier im Telefonbuch "Das Örtliche" sowie im "Gelbe Seiten"-Adressbuch.

Weitere Falscheinträge lassen sich in allen Branchen- und Telefonbüchern ausmachen: Ruth Lonnoy wohnt zwar noch an der Hauptstraße 24, hat aber seit Juli 2000 keine Drogerie mehr. "Ich habe damals überall gekündigt." Ohne Erfolg. "Dann habe ich es aufgegeben." Manchmal wird allerdings auch ein alter Firmenname beibehalten. Inhaber der Drogerie Becker an der Hauptstraße 17 ist beispielsweise Bernd Kroke, der den alten Firmennamen behalten hat.

An vergangene Tage erinnert wiederum ein Eintrag unter Druckereien - auch bei allen genannten Büchern. Doch Roland Schwamborn hat sein Geschäft bereits vor drei Jahren aufgegeben.

Und wer seine Wohnung tapezieren lassen möchte, kann die Dienste von Otto Blaschke nicht mehr in Anspruch nehmen. Er ist in diesem Jahr verstorben.