75 Jahre NRW Landespolitik im Düsseldorfer Opernhaus

DÜSSELDORF · Die erste Sitzung des Landtags fand am 2. Oktober 1946 an ungewöhnlicher Stelle statt.

Dicht gedrängt sitzen die Abgeordneten am 2. Oktober 1946 im Düsseldorfer Opernhaus.

Foto: Statdarchiv

Es war ein ungewöhnlicher Ort, an dem der nordrhein-westfälische Landtag vor knapp 75 Jahren erstmals zusammentrat: Das Düsseldorfer Opernhaus. So kurz nach Kriegsende, am 2. Oktober 1946, kam es als einziger Ort in der neuen Landeshauptstadt für eine feierliche Konstituierung des Parlaments infrage. Noch ungewöhnlicher war, wie es zu der Auswahl der 200 Abgeordneten und des Ministerpräsidenten gekommen war. Die Abgeordneten hatten nicht etwa selbst den Ministerpräsidenten gewählt - nach demokratischen Gepflogenheiten, wie sie uns heute selbstverständlich sind.

Der parteilose Rudolf Amelunxen, der an jenem Mittwoch seine erste Regierungserklärung abgibt, war von der britischen Militärregierung zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Zum Regierungschef eines Landes, das durch Zusammenlegung der ehemaligen Provinzen Nordrhein und Westfalen entstanden war. Auch die Auswahl der 200 Abgeordneten, je 100 aus den nordrheinischen Teilen des Landes und 100 aus Westfalen, beruhte auf Vorgaben der Briten.

So lauschen denn 71 Abgeordnete der SPD, 66 der CDU, 34 der KPD, 18 Zentrumsabgeordnete, neun FDP-Leute und zwei Unabhängige zunächst den vom städtischen Orchester gespielten Beethoven-Klängen. Bis dann Amelunxen sich in seiner Begrüßungsansprache zunächst direkt an den Oberbefehlshaber der britischen Besatzungszone, Sir Sholto Douglas, wendet. Und mit pathetischen Worten davon spricht, dass das nach dem Krieg darniederliegende Land „ein Schiff ist, das wir, um zu neuen Ufern zu gelangen, durch die nächsten Monate und Jahre sorgsam hindurchsteuern müssen. In diesem Schiff sitzt letzten Endes auch unsere Militärregierung, die wir herzlich und dringend bitten, uns zu helfen, damit die Fahrt glückhaft wird und wir keinen Schiffbruch erleiden.“

Die Antwort des Oberbefehlshabers spiegelt die Zustände, den Hunger, die wirtschafltliche Not, unter der die Menschen damals litten. Sholto Douglas fühlt sich in seiner Rede gedrängt zu versichern, dass an den Gerüchten nichts dran sei, es würden Lebensmittel aus der britischen Zone nach Großbritannien ausgeführt. Und wenn Kohle exportiert werde, so habe das nichts mit Reparationsleistungen zu tun. Der Export sei eine Gegenleistung zum Ankauf der dringend benötigten Lebensmittel.

In der anschließenden Regierungserklärung von Amelunxen geht es um die erdrückende Nöte des Landes. Es geht um Engpässe bei der Brotversorgung, um die Abhängigkeit von Lebensmittellieferungen aus dem Ausland. Es geht um fehlende Brennmaterialien angesichts des bevorstehenden Winters. Amelunxen sagt: „Falls im kommenden Winter Hausbrand nicht verfügbar wäre, so stünde die Gefahr ausgedehnter Epidemien vor der Türe. Käme dem Hunger das Frieren hinzu, wäre das Schlimmste zu befürchten.“

Und als wären all diese Sorgen noch nicht groß genug, gibt es ja auch noch ein weiteres Problem. Amelunxen: „Unsere ständige Sorge gilt den Flüchtlingen und Ausgewiesenen, die aus den Ostgebieten in unser Land eingeströmt sind, die ohne Hab und Gut vor einem Nichts sich befinden und in ihrer Not nur aufgerichtet werden können, wenn die gesamte Bevölkerung zur Hilfe bereit ist.“

Verglichen mit den damaligen Nöten erscheinen die Entbehrungen der heutigen Gesellschaft im Angesicht der Pandemie denn doch als Luxusproblem.