Angela Merkel stellt sich den Fragen der Abgeordneten Die Koalition und ihre Probleme

BERLIN · . Ob Saskia Esken tatsächlich „deprimiert“ ist, weil es in der Koalition gewaltig beim vereinbarten Lieferkettengesetz hakt? Angela Merkel behauptet das jedenfalls im Bundestag. Eskens Fraktionskollege Frank Schwabe springt seiner Parteivorsitzenden bei: Merkel müsse nicht beunruhigt sein, beginnt er, woraufhin die Kanzlerin dazwischen grätscht: „Ich bin total beruhigt, da machen Sie sich keine Sorgen.“ Das launige Wortgeplänkel hat einen ernsten Hintergrund – die schwarz-rote Koalition und ihre Probleme spielen diesmal eine besondere Rolle bei der Befragung der Kanzlerin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch im Bundestag.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Es ist das achte Mal, dass Merkel dem Parlament Rede und Antwort steht. 17 Abgeordnete kommen zu Wort, die meisten haben auch noch eine Nachfrage. In diesen Zeiten scheint Merkel das Format gut zu tun – sie kann mal wieder zeigen, wie sehr sie bei vielen Themen tief im Detail steckt. So wie bei den geplanten Corona-Impfungen: Merkel hält dem AfD-Mann Uwe Witt einen aufschlussreichen Vortrag  zu jedem der sechs bestellten Impfstoffe. „Über das Wesen dieser Impfstoffe kann sich jeder Bürger informieren“, verspricht sie. Da noch nicht klar sei, inwieweit das Virus dann trotzdem noch übertragen werde, sei das Maskentragen weiter notwendig. Vor allem dann, wenn sich nur 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung schützen ließen. „Ich erahne aus ihrer Frage, dass sie kein besondere Freund des Impfens sein könnten“, frotzelt Merkel  – und warnt Witt gleich noch davor, „von irgendwelchen genmanipulierten Dingen zu sprechen“. Ende der Lehrstunde für den AfD-Mann. Schmallippig wird sie bei der Fragestunde lediglich, als sie vom Linken Fabio De Masi und  vom FDP-Mann Florian Toncar nach ihrer Rolle im Wirecard-Skandal und ihrem Werben für das Unternehmen in China gefragt wird. „Das machen wir im Untersuchungsausschuss“, weicht sie aus. Ihr Auftritt dort im kommenden Jahr wird mit Spannung erwartet.

Aber zurück zur Koalition. Dass sich das Bündnis auf der Zielgeraden des politischen Daseins befindet, wird im Bundestag mehr als deutlich. Die Zahl der Konflikte wächst offenkundig. So hängt das  besagte Lieferkettengesetz, mit dem deutsche Unternehmen zur Wahrung von Menschenrechten, Umwelt-und Sozialstandrads verpflichtet werden sollen, seit Monaten in der Abstimmung der beteiligten Ministerien fest. Die Koalitionäre ringen um die genaue Ausgestaltung. SPD-Mann Schwabe drängelt, spricht von „Ausbeutung Made in Germany“, die man verhindern wolle  Merkel betont: „Ich hoffe, dass wir immer noch ein Lieferkettengesetz zusammenkriegen.“ Sicher ist das aber nicht.

Dann fragt SPD-Frau Susann Rüthrich, wann endlich die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen würden, was die Union nach wie vor blockiere. Noch eine schwarz-rote Baustelle. Die Gespräche würden laufen, antwortet Merkel, auf die Rolle der Eltern müsse aber unbedingt geachtet werden. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erlaubt sich daraufhin eine Anmerkung: „Wir sollten die Fragestunden nicht zu sehr zu Koalitionsverhandlungen umfunktionieren“. Die Opposition feixt.

Bei Katja Mast (SPD) fruchtet der Appell nicht. Sie fordert Merkel auf, den Weg frei zu machen für einen Mindestlohn von zwölf Euro, wie Arbeitsminister Hubertus Heil vorgeschlagen habe. Merkels Antwort: „Nein“. Ein einsamer Klatscher ist zu hören. „Der Beifall galt – glaube ich – nicht meinem Nein, sondern der Fragerin“, grinst Merkel. Wohl wahr.