Schwerpunkt Reisen in der Zentralbibliothek Von der Bibliothek in die Welt

Düsseldorf · Neugierig, reisewütig, fremden Kulturen zugewandt: Drei Bibliothekarinnen gestalten mit ihren spannenden Entdeckungstouren in die weite Welt einen Abend im KAP1.

Martina Leschner war unterwegs in den Bergen Argentiniens.

Foto: Martina Leschner/privat

Bibliothekarinnen vergraben sich hinter Büchern und in Archiven, wirken mitunter etwas weltfremd und sind nur schwer aus der Stube zu locken. Ein müdes Klischee, mit dem drei Kolleginnen aus der Zentralbibliothek Düsseldorf gründlich aufräumen. Für den Abend „Bibliothekarinnen auf Weltreise“ im KAP1 haben sie sich als Gastgeberinnen zusammengetan und berichten über ihre Erlebnisse in Dutzenden von Ländern.

Jede setzt ihre Passion auf andere Weise um. Annette Krohn, verantwortlich für literarische Veranstaltungen in der Bibliothek, ist am liebsten als Rucksacktouristin unterwegs. Bei einem einjährigen Sabbatical reiste sie von San Francisco aus nach Südamerika bis hinunter nach Patagonien, nach Australien, Neuseeland, Kambodscha, Laos und Thailand. „Für mich ist das die ultimative Form von Freiheit und die beste Art, mich selber kennenzulernen“, sagt sie.

Barbara Philipps, Leiterin der Stadtbibliothek Rath, düste mit dem Motorrad ebenfalls während eines Sabbaticals durch Südamerika, Australien und Afrika. „Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt. Ich hatte schon als Kind diese Ruhelosigkeit in mir“, erzählt sie. Aufgewachsen in der DDR, war ihr Freiheitsdrang besonders ausgeprägt. Anders als Annette Krohn musste sie sich extrem penibel vorbereiten: Welches Motorrad und welche Ersatzteile nehme ich mit, welche Route wähle ich in unwirtlichen Gegenden?

Martina Leschner, stellvertretende Leiterin der Zentralbibliothek, schließt sich gern abenteuerlustigen Gruppen an. Sie hat von den drei Kolleginnen die meisten Länder im Portfolio, knapp 50 werden es wohl sein. „Je mehr ich reise, desto heftiger wird mein Fernweh“, sagt sie. „Zu sehen, wie unterschiedlich sich Menschen in anderen Kulturen eingerichtet haben und den Alltag bewerkstelligen, macht mich mit meinem Leben hier erst recht zufrieden.“

Alle drei haben ein gemeinsames Credo: „Wir können nicht anders, als immer wieder aufzubrechen und fremde Länder zu entdecken.“ Das Schwerpunktthema Reisen im dritten Quartal inspirierte Annette Krohn zu der Veranstaltung. Ihre Kolleginnen waren sofort Feuer und Flamme. „Wir wollen aber nicht einseitig von uns erzählen und uns als Expertinnen ausweisen“, erklärt die reiselustige Bibliothekarin. „Unser Ziel ist es, Menschen ins Gespräch zu bringen, sich auszutauschen und anzuregen, sich zu erinnern und Pläne zu schmieden.“

Schon früh fing es mit dem Fernweh bei ihr an. „Mit 20 bekam ich in Irland Einblick in den Hostel-Backpacker-Kosmos“, berichtet Annette Krohn. „Es faszinierte mich, Menschen aus aller Welt zu treffen. Darunter viele Australier auf der Suche nach ihren irischen Wurzeln.“ Ihre Weltreise war 2004 noch ein anderes Abenteuer als heute, wo es Smartphones, Navis und Übersetzungshilfen gibt. Ihre Eltern waren besorgt, andere fragten, ob sie denn keine Angst hätte so ganz allein. „Es klingt verrückt, aber ich bin so gut wie nie in eine gefährliche Situation geraten“, sagt sie. „Meine Freunde gründeten Familien und bekamen Kinder, das fand ich mutiger als meine Unternehmungen. Ich wollte immer nur ein freier Vogel sein.“

Durch Neuseeland ist sie ausschließlich getrampt, nur einmal musste sie sich einer Annäherung erwehren. Schwerer wogen die Unwetter in Marokko, als Straßen weggeschwemmt wurden und ihr Bus waghalsig über eine überspülte Brücke fuhr. „Ich war die einzige Touristin, alle schauten mich an und beruhigten mich mit Inshallah-Rufen. Hat ja geklappt.“

Sie habe unterwegs unendlich viel gelernt, bestätigt Annette Krohn. Der Blick auf die Welt und auf das eigene Leben verändere sich in der Ferne, wenn Europa plötzlich am Rand liegt.

„Mir wurde klar, wie verwöhnt wir alle sind, wie schnell wir jammern. Und wie glücklich ich mich in Deutschland schätzen kann. Überall haben Menschen dieselben Wünsche – in Frieden zu leben, geliebt zu werden, eine Perspektive für ihre Familie und ihre Meinung frei äußern zu können.“