Düsseldorfer Theo Fitsos Der DJ, der am Grab auflegt

Düsseldorf · Not macht erfinderisch: Ein arbeitsloser Düsseldorfer DJ, dank Corona-Pandemie aller Aufträge beraubt, legt jetzt bei Beerdigungen auf. „Theo erfüllt den letzten Wunsch“ - die Idee kommt an.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Das Urnengrab ist ausgehoben, die feuchte Erde mit Kunstrasen abgedeckt. DJ Theo Fitsos (58) platziert sein Lastenrad wenige Meter entfernt in einer Ecke des Grabfeldes und verkleidet den Baldachin mit schwarzem Samt. In wenigen Minuten wird der Trauerzug auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller um die Ecke biegen. Fitsos fährt sein Laptop hoch, gleich wird er „My way“ spielen - erst in der Originalversion von Frank Sinatra, dann in der Klassik-Variante von André Rieu.

Not macht erfinderisch: Im vergangenen März brachen Fitsos, seit 34 Jahren eine Institution im DJ-Geschäft, sämtliche Aufträge weg. Auf einen Schlag war er arbeitslos - und das als Selbstständiger. „Ich hatte gar nichts zu tun. Die Aussichten waren katastrophal.“ Zum Fernsehschauen verdammt sah Fitsos eine Beisetzung und hatte plötzlich eine Idee: „Warum ist es da so totenstill? Man müsste mehr Gefühl in die Sache bringen. Da fehlt einfach die Musik.“

Mit der Idee wandte Fitsos sich an den befreundeten Bestatter Peter Nakaten: „Der war hellauf begeistert: "So was gibt es noch nicht".“ Bislang spielte die Musik bei Beerdigungen in der Kapelle, aber nicht am Grab.

Doch Fitsos fehlte das Geld für die notwendige vierstellige Investition: Zwar hatte er sein DJ-Equipment, aber kein Lastenrad, um es an Ort und Stelle zu bringen. Freunde hätten ihm schließlich ein E-Lastenrad „gesponsort“ und eine Freundin den schwarzen Samtüberzug geschneidert.

Inzwischen hat DJ Theo bei 20 Beisetzungen „aufgelegt“ und Bestatter kommen auf ihn zu, weil sie auch das Angebot machen möchten. Gut sei die Resonanz aber auch bei den Beerdigungen selbst: „Nach jeder Beisetzung kommen Leute aus der Gruppe der Trauernden auf mich zu und bedanken sich“, erzählt Fitsos. Wie früher sei er für die Stimmung verantwortlich, wenn auch für eine ganz andere: „Je jünger die Verstorbenen sind, umso emotionaler ist die Beerdigung.“

Die Umsätze, als er noch große Clubs und Säle bespielte, erreicht er mit seinem neuen Geschäftsfeld zwar nicht, aber es hilft ihm über die Runden. „Härtere Zeiten gab es noch nie. Seit März ist alles abgesagt und schon jetzt werden auch die ganzen Weihnachtsfeiern storniert.“

Der Musikwunsch der Angehörigen oder des Verstorbenen ist am Grab das Pflichtprogramm. „Das stimme ich vorher mit den Angehörigen ab“. Am häufigsten werde gewünscht: Trude Herr und ihr Lied „Niemals geht man so ganz“, Hans Albers mit „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, Frank Sinatras „My way“ und die Harald-Juhnke-Version von „Was ich im Leben tat“.

„Das ist am Grab etwas Neues, eine schöne Idee“, sagt Stephan Neuser, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Bestatter. „Das entspricht dem Trend zu immer mehr Individualität bei Bestattungen, den wir schon länger beobachten“, sagt er. „Grundsätzlich unterstützen wir das. Auch ein Motorrad oder Fahrrad des Verstorbenen am Sarg ist keine Unmöglichkeit mehr.“

„Theo erfüllt den letzten Wunsch“ heißt Fitsos' neue Dienstleistung am Grab. Bislang habe er auch jeden ausgefallenen musikalischen Wunsch erfüllen können. „Was ich nicht habe, besorge ich. Da war eine Witwe, die hat sich ein bestimmtes altes französisches Lied aus der gemeinsamen Zeit in Paris gewünscht, eine andere ein Lied aus Südamerika.“

„„Highway to hell“ hatte ich noch nicht“, sagt Fitsos. Aber er hatte auch noch keine Rocker-Beerdigung. Wovor er Angst hat: „40 Minuten Dauerregen. Ich weiß nicht, ob meine Technik das mitmachen würde.“

(dpa)