Jochen Busse Jochen Busse findet mit 79 Jahren in Pempelfort seine neue Heimat
Düsseldorf · Der Schauspieler Jochen Busse zog als Neu-Single von Berlin in die Landeshauptstadt und führt bald im Theater an der Kö Regie.
Er kommt zu Fuß zum Theater an der Kö. Ein Auto besitzt Jochen Busse nicht, aber er fährt auch sehr gern mit der Düsseldorfer U-Bahn, ist begeistert von ihrem Komfort: „Wie geleckt. Da unten höre ich Musik und sogar Lyrik. Ein Fest.“ Wir holen uns Kaffee und stellen uns vor das verriegelte Theater. Geht alles gut, wird Jochen Busse auf dieser Bühne, auf der er oft als Schauspieler gastierte, in Kürze „Das Abschiedsdinner“ inszenieren.
Die Autoren dieser einzigen Aufführung vor der Sommerpause, Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière, schrieben auch die Komödie „Der Vorname“, die René Heinersdorffs Theater 2015 zeigte. Busse denkt praktisch und nutzt das noch vorhandene Bühnenbild erneut. „Das passt. Gleiches Milieu, gleiche Atmosphäre. Beide Stücke spießen die leicht hedonistische französische Bildungsarroganz einer selbstverliebten, immer etwas kalten Gesellschaft auf.“ Busse freut sich sehr auf die Premiere am 16. April. Denn wenn ihm eines fehlt in dieser lähmenden Zeit der Corona-Pandemie, dann ist es der Applaus eines vollen Hauses. Egal ob er dem Schauspieler gilt oder eben dem Regisseur.
Seit ein paar Monaten lebt Jochen Busse nun in Düsseldorf. Nach dem Scheitern seiner vierten Ehe hielt ihn nicht mehr viel in Berlin, wo er ohnehin nie fest verwurzelt war. Von seiner Wohnung in Pempelfort schwärmt er geradezu: „Herrlich! Diese 55 Quadratmeter sind genau das, was ich möchte. Viel nüchternes Weiß und dazwischen meine vertrauten englischen Mahagonimöbel. Das harmoniert vorzüglich.“
Werk des Malers Walter Padao hängt im Flur
Den Flur schmückt ein Werk des Malers Walter Padao, das er bei einer Ausstellung entdeckte. „Der Künstler hat es selbst bei mir gehängt, sein Einverständnis war mir wichtig“, sagt der Schauspieler, dessen Tag stets mit 45 Minuten Yoga beginnt. Die Pempelforter Umgebung entzückt ihn ebenfalls: „Die haben den Hofgarten extra um meine Wohnung herum gebaut!“ Und dann diese tollen Lokale in hoher Dichte, die irgendwann wieder öffnen werden. Einstweilen kocht er selber, räumt danach fix wieder auf, „weil ich’s ja schön haben will in meinem überperfektionierten Ästhetizismus“.
Busse, aufgewachsen in Iserlohn, hat zuvor schon in Köln und lange Zeit in München gelebt. Den Ausschlag für Düsseldorf gaben zunächst pragmatische Erwägungen: „Fast alle meine beruflichen Aktivitäten finden an vier Theatern in der Region statt.“ Das ewige Herumreisen reizt ihn nicht mehr. Zeit seines Bühnendaseins war er unterwegs, für Wochen und Monate. Und in jeder Stadt der Versuch, es sich in zumeist unzulänglichen Domizilen nett zu machen. Das sollte ein Ende haben. Die Düsseldorfer Bleibe, ursprünglich als Zweitwohnung gedacht, wurde durch den privaten Bruch zum Lebensmittelpunkt.
Eine Art Neubeginn mit knapp 80 Jahren. Diesen runden Geburtstag feiert Jochen Busse am 28. Januar. Sein Gemütszustand? „Wenn ich es bisher so gut geschafft habe, kann ich mir nur wünschen, es möge so weitergehen“, antwortet er. „Das ist mein Credo. Und im Moment spricht nichts dagegen.“ Auch wenn er ohne Auftritte notgedrungen wie ein Rentner leben müsse, ein Dauerzustand sei das nicht, beteuert er. „Meine Verträge reichen über zwei Jahre, hauptsächlich sind es Wiederaufnahmen.“ Darunter „Komplexe Väter“ von René Heinersdorff. Seit 2018 tourt das Stück erfolgreich durch deutsche Theater und sollte jetzt eigentlich in München laufen. Von Heinersdorff hält Busse viel, auch jenseits ihrer Freundschaft. „Er hat als Autor eine enorme Entwicklung genommen. Und nie sagt er, ich bin der Dichter, ich bestimme. Er hört einem zu, wenn man einen guten Einfall hat.“
Busse kennt Heinersdorff seit dessen 14. Lebensjahr, ebenso wie Kay Lorentz. Von 1976 bis 1979 war Jochen Busse am Kommödchen engagiert, zusammen mit Heinrich Hambitzer, Rotraud Rieger, etwas später mit Renate Küster und Thomas Freitag. Noch attraktiver erschien ihm dann allerdings Sammy Drechsels Angebot, zur Münchner Lach- und Schießgesellschaft zu wechseln.
Lange blieb das politische Kabarett seine künstlerische Heimat. Parallel drehte er Filme, auch der seichteren Art, wurde durch Formate wie „Nur für Busse“, „Das Amt“ und „Sieben Tage, sieben Köpfe“ zur Fernsehgröße. Mit einem Soloprogramm verabschiedete er sich 2014 von der Kabarettbühne. Endgültig. „Jeder hat ja sein Stammpublikum. Bei mir saßen am Schluss die grünen Lehrer, das konnte man förmlich riechen.“ Eine Hintertür lässt er dennoch offen. Sein Freund Dietmar Jacobs, Hausautor fürs Kommödchen, schreibe Stücke, in denen er das Kabarett auf den Boulevard führe. Verlockend, findet Busse.
Die Zukunft malt er sich an der Schwelle zum 80. Geburtstag rosig aus. Eine fünfte Ehe gehört nicht dazu, eine Partnerschaft schon. Der Wahl-Düsseldorfer sagt: „Den Rest meines Lebens will ich nicht alleine verbringen. Ich nehme an, dass ich sehr alt werde.“