Düsseldorf „Du bist mit Abstand am fittesten“: Ein Fitnessstudio-Besuch in der Corona-Pandemie

Düsseldorf · Bei „Fitness First“ an der Derendorfer Allee in Düsseldorf hat am Montag die neue Normalität der Fitnessstudios begonnen. Unser Redakteur hat sie getestet.

„Du bist mit Abstand am fittesten“ – die Schilder am Eingang des Fitnessstudios an der Derendorfer Allee stehen gleich neben dem Desinfektionsmittel-Spender.

Foto: Olaf Kupfer

„Herzlich willkommen, bitte hier ausführlich die Hände desinfizieren – und dann weiter zur Anmeldung an die Theke.“ Sagt überaus freundlich durch seine weiße FFP2-Maske Ivan Cvrkic, der General Manager dieses Fitness-Clubs an der Derendorfer Allee – den ich am ersten Tag seiner Wiedereröffnung besuche. Um zu trainieren.

Worüber ich mich noch Stunden danach herzlich amüsieren könnte. Weil jene Sehnsucht, die in dieser Tatsache liegt, im Vor-Corona-Alltag so gänzlich unerlebt geblieben ist – obwohl ich schon seit Jahren monatlich meinen Mitgliedsbeitrag überweise. Das Fitness-Studio und ich sind passable Bekannte, die sich hin und wieder mal sehen und zunicken. Aber in die Arme fallen würden wir uns nie. Seit zwei Monaten zahle ich auch nicht mehr, weil „Fitness First“ als (Nicht-)Anbieter auf meine Beiträge verzichtet hat: Kein Angebot für Muskel- und Konditionsaufbau, kein Geld, das klingt logisch. Und kulant geht es weiter: In diesem Mai wird trotz des gerade begonnenen Öffnungsprozesses kein Beitrag verlangt. Das ist fair. Immerhin bin ich ja nun wieder am Start, wenn man das so schwungvoll formulieren möchte, wie es natürlich in Wahrheit nicht zugeht.

Tags zuvor erhielt ich eine Mail aus der Zentrale: Wer ab Montag trainieren will, muss sich auf der Clubseite anmelden. Eine Trainingssession dauert jetzt – vorgegeben – 75 Minuten, was den Eifrigen zu kurz ist, wie ich online lesen kann. Da werden Doppel-Sessions gefordert und abgelehnt, und dann wird die Diskussion immer hässlicher, wie das so ist im Netz. Aber mir reichen die 75 Minuten, kein Grund zur Pöbelei, 60 hätten es auch getan. 40 Mitglieder dürfen zeitgleich trainieren. Über den Anmeldeprozess kann ich ganz gut beobachten, dass die Sehnsucht auch bei anderen zu brauchen scheint.

Geschafft: Unser Autor mach der ersten Einheit im Fitnessstudio seit fast drei Monaten.

Foto: Kupfer

Zum Trainingsstart um 11 Uhr sind 20 Mitglieder dabei, aber das, da ist sich Ivan Cvrkic sicher, wird sich bald ändern. Am Abend sind die Sessions ausgelastet, in Kürze wird der Betrieb auf maximal 60 Kunden erweitert, sagt der Chef. Sieben Quadratmeter pro Kunde braucht es, sagt das Gesetz. Schnell wird klar: Hier hält man sich an die Vorgaben. Und wer anwesend ist, raunt auch nicht mehr, obwohl das ja alles mit eingeschränkt nur unzureichend bezeichnet ist: Wer sich von Hantel zu Laufband schwingt, kann anschließend weder duschen noch in die Sauna gehen. Das Schwimmbad ist so gesperrt wie sämtliche Kabinen und Schließfächer. Wer kommt, trägt die Trainingsklamotten am Leib und geht mit ihnen Schweiß getränkt davon, nachdem er die in die Ecke gefeuerte Sporttasche geschultert hat. Geduscht wird daheim.

Der Hinweis auf Masken bleibt einzig ohne Wirkung

Das rot-weiße Sperrband ist ein treuer Begleiter durch den Parcours von Geräten und Hanteln: Jedes zweite Gerät ist zur Untätigkeit verdammt, damit Abstände eingehalten werden können. Die Marketing-Abteilung hat aus dem Home-Office ganze Arbeit geleistet: „Du bist mit Abstand am fittesten“, steht auf den roten Plakaten, die zwei Meter zwischen die Sportler bringen sollen. Oder: „Endlich ist Sprayen erlaubt – aber nur mit Desinfektionsmittel“. Der Hinweis auf zu tragende Masken bleibt einzig ganz ohne Wirkung: Keiner der Anwesenden trainiert mit Mund- und Nasenschutz, nur das Personal hält sich daran. Es ist eine Empfehlung, aber keine Vorschrift. Und wer am ersten Tag der Öffnung trainiert, wird wohl ohnehin nicht zu den ängstlichsten Bewohnern der Pandemie zu zählen sein. Im ersten Stock an den schweren Gewichten, wo ich mal pro forma vorbei schaue, wird derart in die Fitness-Welt hinein geschnauft, dass es keine Freude ist. Der Gedanke an belastete Aerosole überlebt nur kurz und ist doch Risiko, das bleibt. Die Geräusche dazu hat man so gar nicht vermisst.

Wo sonst auf den Stehtischen Handys, Kopfhörer oder Getränkeflaschen abgelegt sind, stehen jetzt gewaltige Papierrollen und Desinfektionsmittel-Flaschen. Schon vor Corona wurde dort desinfiziert, wo ambitioniert geschwitzt wurde, jetzt nehmen es die Kunden noch genauer: Wer ein Gerät genutzt hat, wischt nach, lieber drei- statt zweimal. Zu nahe kommt sich niemand, nach 75 Minuten ziehen die Mutigen davon. Ich komme am Mittwoch gleich noch einmal, wo doch die Anmeldung so einfach war. Und der Körper am Nachmittag andeutet, dass sich der Besuch am Morgen gelohnt haben könnte.