Interview „Auf der Oberkasseler Brücke geht es in eine andere Welt“

Düsseldorf · Linksrheinisch Bezirksbürgermeister Rolf Tups über Luegallee, U81, Immobilien und andere Themen.

Bezirksvorsterher Rolf Tups (hier Am Krummen Weg in Lörick).

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Herr Tups, Ihr Name ist weit verbreitet im Linksrheinischen. Selbst der CfR links hatte bei seiner Gründung 1919 einen Josef Tups als Zeugwart im Vorstand. Woher stammt Ihre Familie?

Rolf Tups: Sie kommt seit zig Generationen aus Heerdt, Niederkassel und Lörick. Ich bin in Heerdt geboren.

Sie haben verschiedene Positionen in der CDU Düsseldorf inne. Können Sie die allesamt aufzählen?

Tups: Ich bin seit 1973 in der CDU, bin Ratsherr, Bezirksbürgermeister, einer von drei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und CDU-Vorsitzender in Oberkassel. Außerdem Mitglied im Aufsichtsrat des Flughafen Düsseldorf und der Rheinbahn sowie im Ordnungs- und Verkehrsausschuss und im Planungsausschuss.

Wie kamen Sie zur lokalen Politik?

Tups: 1984 wurde ich Bezirksvertreter, weil ich mich kommunalpolitisch engagieren wollte. Das war unter Wolfgang Kamper als Bezirksvorsteher noch ein recht beschauliches Leben, denn er hat alles gemacht, vom Schützenverein bis zum Karneval, und er war Kulturausschuss-Vorsitzender.
Nachdem er nicht mehr antreten wollte, übernahm ich 1999 sein Amt als Bezirksbürgermeister.

Ihre turbulenteste Zeit begann 2002 mit den Plänen für ein Olympiadorf am Löricker Deich. Erinnern Sie sich?

Tups: Und ob. Danach war es mit der beschaulichen Ruhe in Lörick vorbei. Joachim Erwin, den ich seit der gemeinsamen Zeit in der Jungen Union kannte, wollte unbedingt in Lörick Olympia machen. Und Ministerpräsident Wolfgang Clement wollte es auch. Bis dahin wusste niemand, wie man Lörick schreibt. Damals kam auch die Idee mit dem Vorläufer der U 81 auf. Trotzdem sind die Löricker meine guten Freunde. Wenn man eine Meinung hat und dazu steht, wird man respektiert.

Wie sind Ihre Argumente für die U 81?

Tups: Ich war acht Jahre im Regionalrat und bin jetzt im Euregiorat Rhein-Maas. Da wurden zum Beispiel der Güterverkehr ab Rotterdam und der Eiserne Rhein vom Duisburger Hafen nach Antwerpen diskutiert. Seitdem sehe ich die Probleme großräumig. Wir haben 300.000 Pendler täglich nach Düsseldorf. Davon kommen rund 200 000 Pendler, aus dem Westen, vielfach vom Niederrhein. Davon wiederum sind 75 Prozent Autofahrer, die sich über die Brücken verteilen. Wir haben aber nur die Schienenverbindung über die Südbrücke sowie die linksrheinische Schienenverbindung über die Luegallee nach Neuss und Krefeld und durch den U-Bahn-Tunnel in die Innenstadt. Wenn ich den Autoverkehr reduzieren will, muss ich den öffentlichen Nahverkehr stärken.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Luegallee?

Tups: Ich kann mir weder einen Riesenbahnsteig vor der Buchhandlung Gossens für den Belsenplatz noch ein Monster von Hochbahnsteig am Barbarossaplatz vor der Kirche Sankt Antonius vorstellen. Außerdem kommen die Bahnen auf der Luegallee an eine Kapazitätsgrenze, denn der Tunnel Heinrich-Heine-Allee kann kaum mehr verkraften. Die Bahnen aus Neuss und Krefeld sind schon jetzt überfüllt. Deshalb wurde schon Anfang der 1990er Jahre die Idee mit der U 81 geboren.

Anfangs war eine andere Route vorgesehen?

Tups: Ja, und zwar über den Seestern, die Oberlöricker Straße, den Parkplatz des Freibads und dann per Brückenschlag zur Messe. Inzwischen hat man aber am Seestern alles zugebaut.

Wie soll die U-81-Route heute verlaufen?

Tups: Über Am Kaiser in Neuss, Handweiser, wo man die Bahn oder den Straßenverkehr nach unten legen könnte, dann über Kevelaerer Straße, Böhlerstraße, die heutige Schleife der U 70 auf Meerbuscher Gebiet und hinter der Kläranlage per Brückenschlag über den Rhein zur Messe und zum Flughafen.

Wie steht Meerbusch zur U 81?

Tups: Irgendwann werden wir optisch keine Grenze mehr zwischen Meerbusch und Düsseldorf kennen. Wir wachsen zusammen. An der Böhlerstraße entstehen Hunderte Wohnungen auf Düsseldorfer Seite. Meerbusch baut auf der anderen Seite ebenfalls Wohnungen und Gewerbe.

Wie weit ist die Planung auf der linken Rheinseite gediehen?

Tups: Sie ist nur ein Entwurf. Aber ich kann nur sagen: Wenn wir die U 81 nicht bauen, verpassen wir die letzte Chance! Wir haben keine Alternative, sonst versinken wir im Autoverkehr. Die Trasse gilt ja nur für Bahnen, Radfahrer und Fußgänger. Die Brücke wird auch nicht die Uferlandschaft verschandeln, wie U 81-Gegner meinen. Wir sind stolz auf unser Brücken-Ensemble. Wenn wir den Individualverkehr reduzieren wollen, müssen wir weiterdenken. Es wird auch in Meerbusch nicht nur Ackerbau und Viehzucht geben.

Muss man nicht das Autoprobleme schnell lösen?

Tups: Wir müssen mit den Nachbargemeinden über Park and Ride-Plätze reden. Denn jedes Auto nach Düsseldorf fährt ja auch irgendwo ab. Eventuell könnte das Kaarster Kreuz eine Schnittstelle sein.

Kommen wir zum Wohnungsbau. Die Neubürger im Belsenpark nehmen die Einkaufsmöglichkeiten sehr gut an. Wo sehen Sie Negative?

Tups: Wir werden linksrheinisch um mehr als 10.000 Einwohner wachsen, einschließlich Belsenpark, Heine-Gärten, Willstätter Straße, Böhlerstraße, Heerdterhofgarten und Oberlöricker Straße. Wir kommen damit auf rund 50.000 Einwohner. Ich spreche mich dagegen aus, weiter zu verdichten, denn sonst gibt es einen Verkehrskollaps.

Wie ist der Immobilienbesitz linksrheinisch verteilt?

Tups: Sehr viele Flächen sind im Privatbesitz. Wir haben sogar noch Einfamilienhäuser. Unser Stadtbezirk hat viele Grünflächen, die auch erhalten bleiben sollen. Ich halte nichts davon, die Stadt kaputtzuverdichten, denn darunter leidet die Lebensqualität.

Gibt es Befürchtungen, dass die Einkaufsmeile an der Luegallee stirbt, angesichts steigender Mietpreise?

Tups: Ich hoffe nicht. Der Einzelhandel ist hier sehr aktiv. Wir haben ein attraktives Angebot und eine gute Nachfrage.

Ein Wort zur Bebauung des Kirchengeländes von Sankt Anna: Warum wurde die Bürgerbeteiligung auf unbestimmte Zeit vertagt?

Tups: Wir stellten als CDU im Planungsausschuss einen einstimmig angenommenen Antrag, die bisherige Planung zugunsten einer geringeren Bebauung zu überarbeiten. Das ist bisher noch nicht erfolgt. Unter dieser Voraussetzung mache ich doch keine Bürgerbeteiligung.

Letzte Frage: Gibt es eine Liebeserklärung für das linksrheinische Düsseldorf?

Tups: Ab Rheinmitte ist man zu Hause angekommen. Wer auf der Oberkasseler Brücke ist, kommt in eine andere Welt. Wir haben eine große Fraktion linksrheinisch.
Wir schätzen uns auch persönlich sehr, halten zusammen und treten gemeinsam auf, selbst wenn wir unterschiedlicher Meinung sind. Wir kennen uns seit vielen Jahren, denn wer hier lebt, will nicht mehr weg. Wir haben in der Bezirksvertretung viele Berufstätige: Landschaftsarchitekt, Lehrer, Jurist, Unternehmer, Senioren und junge Menschen. Für 50 Tagesordnungspunkte hätten wir allesamt keine Zeit. Und noch eins: Uns ist oft Meerbusch und Neuss näher als die Innenstadt. Andererseits ist es von nirgendwo so nahe in die City wie aus dem linksrheinischen Düsseldorf.