Düsseldorf ringt um ein Fotozentrum
Die Diskussion um ein Fotomuseum oder ein internationales Fotoinstitut wird vom Beratungsbüro Projektschmiede neu angetrieben.
Düsseldorf. Düsseldorf ist zwar seit der Becher-Schule und ihrer Nachfolger eine Stadt der Fotografie, aber sie ist dennoch im Vergleich zur Konkurrenz weit abgeschlagen. Hamburg sammelt seit Ende des 19. Jahrhunderts im Museum für Kunst und Gewerbe fotografische Arbeiten und hat inzwischen weit über 75 000 Schätze. 1977 kam Köln mit der Sammlung Gruber hinzu. 1978 zog das Museum Folkwang mit Köln gleich. Seit 1980 gibt es eine Fotosammlung am Münchner Stadtmuseum. 1986 wechselte das Agfa Foto-Historama von Leverkusen nach Köln. Die SK-Stiftung Köln Bonn ist ein Hort der Becher-Schule. Und Düsseldorf?
Seit drei Jahren fordern Jan Hinnerk Meyer und Hagen Lippe-Weißenfeld von der Projektschmiede ein Fotozentrum für die Landeshauptstadt. „So ein Zentrum für Fotografie wäre quasi die Herzkammer einer Biennale und würde ihr den unbedingt notwendigen, inhaltlichen Unterbau auf internationalen Niveau geben“, sagt Lippe-Weißenfeld. „Die Biennale darf auf keinen Fall eine reine Veranstaltungshülle sein. Sie muss sich aus den Wurzeln der Düsseldorfer Fotohistorie speisen und zugleich Forschungsarbeit für die Zukunft leisten. Das geht am allerbesten, wenn es sich um ein eigenständig arbeitendes Institut handelt.“ Das Wort „Biennale“ sei etwas ganz Großes, das hohe Erwartungen wecke und Assoziationen schaffe, denen Düsseldorf nur gerecht werde, wenn es dieses internationale Niveau auch wirklich dauerhaft sicherstellen könne.
Meyer und Lippe-Weißenfeld denken zunächst an die Grundschule Kaiserswerth, sie könnte der Ankerplatz sein. Dort hatten Hilla und Bernd Becher 15 Jahre lang ihr Wohn- und Arbeitsstätte; dort sind das Archiv und die Sammlung Goller der Stiftung Kahmen untergebracht. Das Gebäude gehört der Stadt.
Heute lagert im Becher-Teil der ehemaligen Schule das restliche Archiv der Bechers, denn Sohn Max Becher hat erst 2017 wieder ganze Belichtungssätze an die SK-Stiftung gegeben. In Kaiserswerth werde, so Lippe-Weißenfeld, mithin nur noch das bewahrt, was nicht nach Köln gegangen ist. Noch kommt Max Becher regelmäßig von New York nach Kaiserswerth, um die von Hilla Becher abgesprochenen Becher-Ausstellungen wie 2020 im Museum Kunstpalast zu betreuen. Der Mietvertrag der Stadt mit der Stiftung Kahmen läuft allerdings noch bis weit in die 2020er Jahre hinein.
Nach den Wünschen von Becher junior sowie den Gesellschaftern der Projektschmiede sollte das Becher-Haus museal genutzt werden. Dort könnten Meisterwerke der Becher-Schule in Kleinformaten gezeigt werden. Außerdem wäre das Haus als „Satellit eines möglichen neuen Fotozentrums in der Stadt“ gut geeignet. Viele Fotografen und Becher-Schüler würden sich einen eigenständigen Ort wünschen, der archivalisch, kuratorisch und konservatorisch arbeitet, und zwar auf internationalem Niveau, analog zum Getty Research Institute in Los Angeles.
Nach dem Symposion, das die Projektschmiede im Malkasten organisiert hatte, sprach Fachmann Thomas Weski mit Stadt, Landschaftsverband, Land und Bund. Oberbürgermeister Thomas Geisel, Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, der Kulturausschuss-Vorsitzende Friedrich Conzen sowie alle Fraktionsvorsitzenden wurden nach Auskunft von Lippe-Weißenfeld genauso eingeweiht wie die Kulturdezernentin des Landschaftsverbands Rheinland, Milena Karabaic, Kulturministerin Isabell Pfeiffer-Poensgen und Kulturstaatsministerin Monika Grütters: „Alle Beteiligten sehen die überragende Bedeutung der Becher-Schule und zeigen sich grundsätzlich offen und gesprächsbereit. Sie wünschen auch, dass das Fotozentrum keine ,Fachabteilung’ eines Museums (ob lokal oder Landesmuseum, also MKP oder Kunstsammlung NRW) wird.“ Es solle ein Servicecenter sein, das Dienstleistungen erbringe, die allen Museen gleichermaßen zugänglich seien und die von keinem Museum selbst geleistet werden könnten.
Als Erstes müsse der Stadtrat fraktionsübergreifend ein „leuchtendes Signal“ geben, dass er ein solches Institut überhaupt will. Der Beschluss müsse deutlich machen, dass sich die Landeshauptstadt ihrer kulturellen DNA bewusst ist und ihr kulturelles Erbe vor der Abwanderung ins Ausland schützen will. Städte wie Köln, Essen, Berlin und neuerdings auch Dresden wären sicherlich sofort bereit, den Faden aufzugreifen und ein solches Zentrum erfolgreich einzurichten.